22 Spieler konkurrieren um die Positionen für den Wiederbeginn in Aachen am 4. Februar. Nachlässigkeiten darf sich keiner von ihnen leisten.

Oliva. Dass die Fußballprofis des FC St. Pauli auch nach getaner Arbeit noch längst nicht Feierabend machen, war gestern im Trainingslager an der Costa Blanca zu besichtigen. Der Schweiß floss in Strömen, als die 23 Profis sich mit der Rasenpflege beschäftigten. Wie ein Schwarm Krähen auf der Suche nach der frisch ausgebrachten Saat schritten die Spieler des Zweitligisten und das komplette Trainerteam inklusive Sportchef Helmut Schulte nach der morgendlichen Übungseinheit in unkoordinierter Formation das Geläuf ab, flickten mit Händen und Füßen die Grasnarbe, die sie in den 100 Minuten zuvor aufgeschlitzt hatten, hüpften auf der Stelle und traten herausgelöste Grassoden fest.

Pflege, die der durch die teils sintflutartigen Regenfälle der Vortage arg ramponierte Platz dringend nötig hatte. Das Erstaunliche daran: Selbst in dieser für Fußballprofis eher ungewöhnlichen Disziplin waren Akkuratesse und Ehrgeiz feststellbar.

Nachlassen ist tabu in diesen Tagen von Oliva, in denen das Gedrängel um die elf Startplätze auf die Spitze getrieben wird. Allenfalls drei Tickets hat Reiseleiter André Schubert bislang für den Auftakt in zweieinhalb Wochen bei Alemannia Aachen fest gebucht. Vor dem Abflug ins Trainingslager hatte der Cheftrainer das Motto der kommenden Tage noch einmal unmissverständlich - und auch öffentlich - unterstrichen: "Ich erwarte von jedem Spieler eine Steigerung. Wir haben einen großen Konkurrenzkampf. Die Jungs sollen und müssen sich zeigen." Die Adressaten scheinen verstanden zu haben. Die gute Leistung im Testspiel am vergangenen Sonntag gegen Bundesligaklub TSG Hoffenheim (1:2) bildete den passenden Abschluss der ersten Trainingswoche, und die Konzentration und Intensität, mit der die Spieler nun unter der spanischen Sonne an die Arbeit gehen, ist schlichtweg beeindruckend.

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Verwundern indes kann das gehobene Leistungsniveau keinen. Mit Ausnahme des verletzten Torwarts Philipp Tschauner, Rekonvaleszent Deniz Herber und Afrika-Cup-Teilnehmer Charles Takyi stehen in Oliva 24 Profis bei den zwei täglichen Einheiten auf dem Platz. "Wir haben viele Spieler. Vor allem aber haben wir viele gute Spieler", hat auch Schulte festgestellt. Abzüglich der U23-Spieler Arvid Schenk und Petar Filipovic hegen zwei komplette Mannschaften berechtigte Hoffnungen auf die A-Elf. So groß, das bestätigen Spieler und Verantwortliche, war der Konkurrenzkampf in den vergangenen Jahren nie. Allein die Mittelfeldspieler Fabian Boll, Max Kruse und Fin Bartels scheinen aufgrund ihrer Qualität ihren Platz sicher zu haben.

Die Gründe für die hohe Leistungsdichte sind hausgemacht. Sowohl Schulte als auch Schubert sind Befürworter einer homogenen Kaderzusammenstellung. Hinzu kommt die verkürzte Verletztenliste. Rekonvaleszenten wie Carlos Zambrano, Moritz Volz, Lasse Sobiech oder Carsten Rothenbach haben sich wieder herangekämpft und sind auf dem Weg zu alter Leistungsstärke. Hinzu kommen mit Petar Sliskovic, Deniz Naki oder Kevin Schindler unzufriedene Ergänzungsspieler, die sich einiges vorgenommen haben, wie auch Schubert aufgefallen ist, der das Trio ausdrücklich lobt.

Die drei empfehlen sich allesamt für den einen vakanten Platz in der Offensivreihe neben Kruse und Bartels. Dennis Daube und Florian Bruns, der seinen Vertrag erwartungsgemäß um ein weiteres Jahr verlängerte, heißen die Kandidaten Nummer vier und fünf. Sliskovic, in der Hinrunde völlig verunsichert, konnte gegen Hoffenheim wieder auf sich aufmerksam machen und wäre auch eine Alternative im Angriff. Die Mainzer Leihgabe übt ebenso Druck auf Sturmführer Marius Ebbers aus wie Mahir Saglik, der bei der 1:2-Niederlage als Teil einer Doppelspitze überzeugte.

Im Tor muss Benedikt Pliquett seinen hauchdünnen Vorsprung gegenüber Philipp Heerwagen verteidigen. Der Neuzugang aus Bochum hinterließ bislang einen ausgezeichneten Eindruck. Die Besetzung der Innenverteidigung dürfte stark mit den Fitnesswerten von Zambrano und Sobiech korrespondieren. Markus Thorandt, der bei Schubert den Vorzug vor Kapitän Fabio Morena und Ralph Gunesch erhalten dürfte, wäre die Alternative.

Auf den Außenverteidigerpositionen empfiehlt sich neben Rothenbach auch Volz nachdrücklich als Option für die in der Hinrunde gesetzten und momentan ebenfalls formstarken Jan-Philipp Kalla und Sebastian Schachten. Im defensiven Mittelfeld weiß Patrick Funk mit Bruns und Daube gleich zwei etablierte Konkurrenten im Nacken.

Elf Stellen, 22 Bewerber. Ein ganz enges Rennen, in dem am Ende, zumindest das steht jetzt schon fest, Kleinigkeiten entscheiden werden. Und da will man sich auch bei profanen Tätigkeiten wie der Platzpflege keine Nachlässigkeiten nachsagen lassen.