Vor seiner Rückkehr am Sonntag zum FC St. Pauli spricht Hoffenheims Co-Trainer André Trulsen über alte Freunde, neue Ziele und die Trennung von seiner Familie

Hamburg. Nein, die Gefahr, dass er auf die falsche der beiden Trainerbänke des Millerntor-Stadions zusteuern werde, sei eher gering. "Ich komme ja immer relativ spät auf den Platz. Da müssten dann schon einige Jungs von uns sitzen", sagt André Trulsen und lacht. Von uns - das bedeutet seit dem Sommer: von der TSG Hoffenheim, seinem Klub, zu dem er als Holger Stanislawskis Co-Trainer vor der Saison gewechselt war. Nun kehrt das langjährige Trainertrio, das von KaPe Nemet komplettiert wird, am Sonntag (14.30 Uhr) erstmals zurück an die alte Wirkungsstätte beim FC St. Pauli.

Es ist das Ablösespiel für Trulsen, der am Millerntor seit 1986 14 Jahre als Abwehrspieler und fünf Jahre als Trainer gewirkt hatte. Nicht weniger als 15 000 Fans haben sich zum Wiedersehen angesagt. "Es kribbelt natürlich", sagt der 46-Jährige, "ein schönes Gefühl, wenn sich die Fans freuen und etwas mit uns verbinden. Aber das beruht auf Gegenseitigkeit. Natürlich ist es auch für mich etwas ganz Besonderes. Zumindest nach dem Spiel will ich versuchen, den einen oder anderen Blick zu erhaschen." Bis zum Abpfiff zähle allein - typisch Trulsen - das Sportliche. Vor allem seiner tadellosen Berufseinstellung und seiner Bescheidenheit verdankt er die hohen Sympathiewerte auf St. Pauli. Und so ist es wenig überraschend, dass "Truller", Mitglied der Jahrhundertelf und besungener "Fußballgott", zunächst mal professionell an die Partie herangeht. "Ich verschwende keine Gedanken daran, ob wir nachher auf die Ehrenrunde gehen. Für uns ist das Spiel vor allem sportlich sehr wichtig." Sechs Tage später beginnt mit dem Heimspiel gegen Hannover bereits die Rückrunde.

Trulsens ehemalige Spieler befinden sich dagegen erst seit Montag im Training. "Der Trainingsprozess ist bedeutungsvoller als dieses Spiel", sagt Trainer André Schubert, "aber jeder sollte die Gelegenheit nutzen, um sich zu zeigen." Der Konkurrenzkampf für den Auftakt 2012 in drei Wochen bei Alemannia Aachen hat begonnen. Und nicht nur Schubert hat eine gute Ausgangsposition im Aufstiegsrennen erkannt. "St. Paulis Chancen stehen gut. Es ist nicht normal, als Absteiger gleich wieder oben dran zu sein", lobt Trulsen, der die Braun-Weißen intensiv verfolgt.

Seit seinem Abschied hat es ihn auch schon "ein-, zweimal wieder ins Stadion gezogen. Es war zwar leer, aber ich musste einfach vorbeischauen", so Trulsen, der so oft wie möglich nach Hamburg pendelt. Seine Frau Sabine und Sohn Tobias, 17, blieben in Hamburg, Familie Trulsen ist nur einmal im Monat komplett. "Natürlich ist das nicht leicht. Ich habe mit dem Fußball viel um die Ohren, daher leidet meine Frau, die zu unseren Heimspielen fast immer nach Hoffenheim kommt, sicher am meisten. Aber wir versuchen das Beste daraus zu machen", sagt der Familienvater, der im Kraichgau als Letzter des Trainertrios sesshaft wurde.

In Zuzenhausen, wo das imposante Trainingsgeländer der TSG am Ortseingang die Besucher begrüßt, hat er am 1. Dezember eine kleine Wohnung bezogen. An diesem Wochenende aber kommt er zurück nach Hause, in sein "Wohnzimmer", das Millerntor.