ARD-Fernsehlotterie zahlt dem FC St. Pauli als Trikotsponsor 3,5 Millionen Euro pro Jahr - bwin kritisiert Rechtslage

Hamburg. Stefan Orth schaute durch die Glasfassade hinaus ins Millerntor-Stadion, wo die Bauarbeiter gerade einen weiteren Teil des neuen Haupttribünendachs montierten. "Die Sonne scheint, der FC St. Pauli spielt in der Ersten Liga - was passt da besser?", sprach der Präsident des Hamburger Bundesligaklubs und richtete seinen Blick wieder auf die im Ballsaal der Südtribüne versammelten Medienvertreter. Dass sich neben Orth auch dessen Präsidiumskollegen Bernd-Georg Spies und Gernot Stenger sowie Geschäftsführer Michael Meeske auf dem Podium um Pressesprecher Christian Bönig drängelten, ließ erahnen, dass sie etwas Gewichtiges zu verkünden hatten. Und da das Quartett für jedermann ersichtlich mit der Sonne um die Wette strahlte, war auch schnell klar, dass es gute Neuigkeiten zu verkünden gab. Den neuen Haupt- und Trikotsponsor, wichtiger Eckpfeiler der Etatplanungen.

Mindestens bis 2012 wird die Mannschaft die ARD-Fernsehlotterie "Ein Platz an der Sonne" auf der Brust durch Bundesliga oder Zweite Liga tragen, ein drittes Vertragsjahr wurde optional vereinbart. "Eine ganz, ganz herausragende Partnerschaft", freut sich Vizepräsident Stenger, "das ist die Soziallotterie, und auch wir stehen für soziale Projekte." Vize Spies geht noch weiter: "Es ist die Wunschkonstellation." Was für den Verein auch in finanzieller Hinsicht gilt. 3,5 Millionen Euro lautete die interne Zielvorgabe bei der mehrmonatigen Suche nach einem Nachfolger für Automobilhersteller Dacia. Exakt der Preis, den die in Hamburg beheimatete Lotterie nach Abendblatt-Information nun pro Bundesligajahr überweist. Ein Abstieg würde die Summe mindern, die Kooperation, die auch eine Bandenwerbung beinhaltet, aber ansonsten nicht beschränken. St. Paulis Brust wird damit zum teuersten Platz an der Sonne. Es ist die höchste Einnahme der 100-jährigen Vereinsgeschichte (siehe Tabelle unten rechts). Der Klub ist auch wirtschaftlich in der Bundesliga angekommen.

Die Fernsehlotterie und der Fußballklub - eine unkonventionelle Partnerschaft, die in einer Winterhuder Agentur eher zufällig begann. "Ich saß da mit einer Bekannten, und wir sprachen über mögliche Trikotsponsoren. Da fiel dann erstmals der Name", berichtet Stenger von den Anfängen, "aber dass das tatsächlich geklappt hat, hat uns dann selbst überrascht." Binnen weniger Wochen war die Zusammenarbeit besiegelt. Für die Fernsehlotterie, die seit ihrer Einführung im Jahr 1956 mit 1,4 Milliarden Euro mehr als 5900 Hilfsprojekte gefördert hat, ist es eine Premiere. "Wir werden unseren Werbeetat etwas umschichten müssen", sagt Geschäftsführer Christian Kipper angesichts des für beide Seiten ungewöhnlich hohen finanziellen Volumens.

Dass "Ein Platz an der Sonne", in TV-Werbespots repräsentiert von Frank Elstner, nun erstmals im Sportsponsoring auftritt, sorgt allerdings nicht überall für gute Laune. "Wir freuen uns für den FC St. Pauli", sagt Jörg Wacker, Direktor bwin, "aber das hat mit Gerechtigkeit nichts zu tun." Dem Online-Sportwetten-Anbieter war mit Verweis auf den Glücksspielstaatsvertrag jegliche Werbung untersagt worden. "Für Sportwetten sind Sponsorships verboten, für staatliche Lotterien jedoch nicht. Das verstehe, wer will. Es muss eine verständliche und verträgliche Lösung für alle Seiten her", so Wacker weiter. Eine Problematik, die St. Pauli durchaus bekannt ist. So musste die 2007 begonnene und bis 2011 befristete Kooperation mit der Online-Pokerschule free-bwin.com nach einem Urteil des Hamburger Landgerichts in der vergangenen Saison vorzeitig beendet werden, obwohl beide Seiten die Partnerschaft gern weitergeführt hätten.

"Wir brauchen solche Plattformen", weiß auch Kipper um die Attraktivität und schließt weitere Sponsoring-Engagements im Sport aus: "St. Pauli ist einzigartig. Für mich und die Lotterie ist das ein ganz großer Tag. Unser Motto 'Helfen und Gewinnen' ist eine ideale Klammer, die uns in den nächsten Jahren verbinden soll." Wie auch Meeske findet, der die launige Pressekonferenz mit sonnigen Worten beendete: "Machen wir die Welt ein bisschen besser!"

Der Vertrag von Rechtsverteidiger Florian Lechner wurde um ein weiteres Jahr bis 2011 verlängert.