28 Separees und 1500 Business-Seats sorgen beim FC St. Pauli für Mehreinnahmen bis zu 7,2 Millionen Euro - und Konkurrenz zum HSV.

Hamburg. Eine bessere Vorlage hätte sich Hans Heß nicht wünschen können: vier Spiele, vier Siege. Mit dem 2:1-Erfolg am Freitag über den Karlsruher SC eroberte der FC St. Pauli den ersten Platz in der Rückrundentabelle. "The trend is your friend", lautet eine Börsenweisheit, die Heß als Ökonom nur allzu gut kennt. Und der Trend geht am Millerntor momentan eindeutig in Richtung Bundesliga. "Das erleichtert uns natürlich die Arbeit", sagt Heß und grinst. Die Vorfreude ist dem Vertriebsmanager der Ufa Sports GmbH, die sich in Kooperation mit dem Klub um den Verkauf der finanziell lukrativen Business-Seats und Logen im Millerntor-Stadion kümmert, deutlich anzumerken. In dieser Woche fällt der Startschuss. Gemeinsam mit Tim Steffens wird der 31-jährige Pfälzer nach abgeschlossener Planungs- und Strategiephase nun in die Akquise einsteigen.

Seit einer Woche liegt das Fundament der neuen Haupttribüne in den hart gefrorenen Boden gegossen, da begeben sich die Sales-Manager, die ab März von einem weiteren Verkäufer unterstützt werden, auf die Suche nach potenziellen Mietern für die kommende Saison. Wie schon bei der Vermarktung der Südtribüne wird auch ein Callcenter ergänzend hinzugezogen. Maximal 28 Logen, verteilt auf zwei Etagen, und 1500 Business-Seats umfasst das Angebot, mindestens 75 Prozent, das gibt die interne Kalkulation vor, sollen noch vor Saisonbeginn abgesetzt sein. "Bei den Separees sind wir sehr zuversichtlich, dass wir alle verkaufen werden", ergänzt Philipp Spaeth, als von der Ufa bezahlter Teamleiter Vermarktung der Vorgesetzte von Heß.

Für die Separees, so die offizielle Bezeichnung der Logen, hatten bereits im Frühjahr 2009 erste "Letters of intent" vorgelegen, mittlerweile sind mehr als die Hälfte auf Zuruf verkauft. Im ersten Schritt wird es nun darum gehen, diese Mietabsichtserklärungen in feste Vertragsverhältnisse umzuwandeln. Je nach Lage zwischen 50 000 und 75 000 Euro kostet eine Loge pro Saison auf der Haupttribüne, im Fall des Aufstiegs in die Bundesliga steigen die Preise auf 75 000 bis 90 000 Euro (siehe Info-Tabelle unten). Inklusive der Business-Seats winkt St. Pauli bei voller Auslastung des neuen Hospitality-Bereichs eine Einnahme von etwa 7,2 Millionen Euro, in der Zweiten Liga wären es immerhin noch 5,7 Millionen Euro.

Die Haupttribüne als Basis der Etatplanungen für die kommenden Jahre - und als Konkurrenz für den Stadtrivalen. Bereits im Sommer 2009 waren einige Business-Seat-Kunden von der HSH-Nordbank-Arena ans Millerntor gewechselt. Nun könnte St. Pauli, forciert durch den sportlichen Erfolg, weitere finanzkräftige Kunden abwerben. "Die VIP-Preise im HSV-Stadion sind exorbitant hoch, bei uns käme neben den geringeren Summen auch der Erlebnisfaktor hinzu", freut sich Präsident Corny Littmann. Beim HSV hat man auf die über Jahre verschollene und nun zurückgekehrte Konkurrenz noch nicht reagiert. Ein Business-Seat in der HSH-Nordbank-Arena kostet 4000 bis 7500 Euro pro Saison, bei St. Pauli bezahlt der Kunde in der Bundesliga zwischen 2750 Euro (Südtribüne) und 3300 Euro (Haupttribüne). Hinzu kommt bei allen Angeboten noch die Mehrwertsteuer.

Als "natürliche Entwicklung", sieht St. Paulis Geschäftsführer Michael Meeske den Wanderungsprozess: "Das ist doch ganz normal, wenn es auf einem Markt auch andere Hospitality-Angebote gibt. Ich sehe es aber auch als Kompliment für das, was hier in den letzten Jahren entstanden ist." Die Konkurrenz zum großen Nachbarn wird allenfalls als positiver Nebeneffekt verbucht, die Aufgaben und Ziele sind andere.

So muss auch der Umzug zahlreicher Business-Seat- und Logenbesitzer von der Süd- auf die Haupttribüne koordiniert werden. Sie genießen ein Vorkaufsrecht und erhielten in der vergangenen Woche diesbezüglich Post. Parallel zur wachsenden finanzkräftigen Klientel soll nun auch das "Herz von St. Pauli", die oberste Sponsorenkategorie, gestärkt werden. Vor sechs Tagen wurde mit dem Telekommunikationsdienstleister "Alice" der fünfte Partner vorgestellt, weitere sollen folgen. "Wenn du jetzt weiter wachsen willst, musst du oben nachlegen", so Meeske.