Gegner stehen aus Respekt vor den Hamburgern tief in der Defensive. Wie kann der FC St. Pauli das “Heim-Weh“ abgestellen?

Hamburg. Die 20-minütige Rede, mit der sich Holger Stanislawski gestern Morgen an seine Spieler wandte, war keine gewöhnliche Wochenansprache. Das zehnte Saisonspiel, ein 1:1 gegen Energie Cottbus, nahm St. Paulis Trainer zum Anlass, der Mannschaft ein erstes Zwischenfazit mitzuteilen: "Zwanzig Punkte aus zehn Spielen sind hervorragend. Wir stellen in dieser Saison mit 24 Toren den besten Angriff, haben mit elf Gegentoren die viertbeste Abwehr und besitzen das beste Torverhältnis", verwies Stanislawski auf die Zahlen, "die anderen Mannschaften richten sich nach uns aus, und wir werden in den Partien hinten raus immer stärker. Das spricht für unsere Fitness, aber auch für den Charakter des Teams, immer gewinnen zu wollen. Das alles festigt uns in dem Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein."

Alles gut also, beim Drittplatzierten der Zweiten Liga, wäre da nicht die Heimbilanz. Zwei Siege, zwei Unentschieden und eine Niederlage stehen da zu Buche. Lediglich acht ihrer 20 Punkte holte die Mannschaft am Millerntor. Ausgerechnet in der Saison der Superlative mit Rekordstart und Torfestivals erhielt der Nimbus der letzten Jahre Kratzer. St. Pauli hat "Heim-Weh".

Schmerzen, die am Sonntag beim dürftigen Remis gegen Cottbus erneut auftraten. Wie schon gegen Rot Weiss Ahlen, den 1. FC Kaiserslautern und 1860 München gelang es der Mannschaft über weite Strecken nicht, ihre großen spielerischen Qualitäten gegen einen defensiv orientierten Gegner entscheidend einzubringen. "Absolut, ein Problem", hat Stanislawski erkannt, "ein Problem, das aber in der Art und Weise begründet ist, wie die anderen Mannschaften mittlerweile am Millerntor spielen."

Die Liga hat Respekt vor dem schnellen und technisch versierten Kollektiv aus dem Norden. Sicherheit hat beim Gastspiel in Hamburg Priorität. "Ich bin mit der Leistung zufrieden, weil wir diszipliniert gestanden haben, in der Defensive gut organisiert waren und die Räume sehr eng machen konnten", lobte Cottbus-Trainer Claus-Dieter Wollitz und reihte sich damit ein in die Liste der Gästetrainer, die der Durchschlagskraft der eigenen Offensive eine untergeordnete Bedeutung beimaßen. "Die sind nicht wirklich gewillt, mit uns mitzuspielen. Zumindest in unseren Auswärtsspielen ist das ein wenig anders. Da muss der Gegner ab und zu mal was machen", erklärt Stanislawski. St. Pauli sieht sich alle zwei Wochen einem Abwehrbollwerk gegenüber - der Fluch der guten Tat.

Das Problem ist erkannt, nach Lösungsmöglichkeiten wird gesucht. "Wenn wir nicht in der Lage sind, unser schnelles Kombinationsspiel aufzuziehen, müssen wir einen Plan B haben. Und an dem werden wir in den nächsten Wochen intensiv arbeiten. Das ist unsere nächste Aufgabe", sagt Stanislawski. Eine neue Herausforderung, bedingt durch die guten Leistungen. St. Pauli hat das nächste Level erreicht und will am Millerntor wieder eine Macht werden. "Denn eines ist doch klar", sagt Stanislawski, "natürlich gewinnen wir unsere Spiele auch weiterhin lieber zu Hause als auswärts."

Nutzen Sie unseren St. Pauli SMS-Dienst und seien Sie immer auf dem Laufenden bei News und Ergebnissen rund um den Kultverein.