Vor der Partie gegen Kaiserslautern schärft Stanislawski den Spielern die Sinne. Es geht um die Tabellenführung und die wichtigste Saisonwoche.

Hamburg. Seine Spieler schienen das latente Kopfschütteln nicht mitbekommen zu haben und verrichteten ihre Trainingsarbeit weiterhin mit unverändertem Pensum. Die Vorboten blieben unbeachtet. Und so kam es, wie es kommen musste. Holger Stanislawski löste seine vor der Brust verschränkten Arme und ging im Stechschritt auf den Platz. "Jetzt platzt mir hier aber der Kragen", polterte der Trainer und unterbrach die Einheit in einer Lautstärke, dass einigen seiner Spieler die Kinnlade herunterfiel. "Ihr steht hier nur rum. Fehlpässe. Schaut alle zu. Was meint ihr eigentlich, weshalb ich das hier alles aufgebaut habe? Wir können auch Laufen gehen", schrie Stanislawski mit Blick auf die im Rasen abgesteckten Zonen derart lautstark in die Runde, als wolle er die Autofahrer auf der nahe gelegenen Kollaustraße mit einbeziehen. Abschließend verlor er sich bei seinem 70-sekündigen Gebrüll in Sarkasmus: "Toll! Prima! Macht ruhig weiter so! Viel Spaß! Alles, was ihr hier spielt, bekommt ihr am Sonntag doppelt und dreifach wieder!"

Eine Warnung, die ihre Wirkung nicht verfehlte. Die Pässe wurden umgehend präziser, das Tempo deutlich höher. Der ballführende Spieler wurde nun härter attackiert, besaß gleichzeitig aber auch mehr Anspielmöglichkeiten. Neben den Fans gewährte Stanislawski auch dem Schlendrian keinen Einlass auf das Trainingsgelände. Alarm im Sperrbezirk! Und so wie zum Abschluss des gestrigen nicht öffentlichen Übens soll es auch am Sonntag sein, wenn der noch ungeschlagene Tabellenvierte, der 1. FC Kaiserslautern, zum Top-Spiel der sechsten Runde ans Millerntor kommt (13.30 Uhr/Sky live).

Gerade noch rechtzeitig vor dem Kampf um die Tabellenspitze hat der Trainer seiner Mannschaft die Sinne geschärft. Die Form der ersten Saisonwochen soll unbedingt gehalten werden. Nach dem Duell mit den Pfälzern geht es bereits am Mittwoch im DFB-Pokal zum Nordderby gegen den Titelverteidiger nach Bremen, ehe am kommenden Sonnabend das Auswärtsspiel beim Tabellendritten Arminia Bielefeld wartet. Ein denkbar schlechter Zeitpunkt, um sich jetzt auf dem bisher Erreichten auszuruhen. Drei Saisonhighlights binnen sechs Tagen. Alarm im Sperrbezirk!

Bereits gegen Kaiserslautern wird den euphorisierten Hamburgern alles abverlangt werden. Mit dem beeindruckenden 4:1-Sieg gegen den MSV Duisburg am vergangenen Spieltag setzte der Aufstiegskandidat ein echtes Ausrufezeichen. "Es treffen zwei sehr formstarke Mannschaften aufeinander. Lautern ist defensiv eminent stark, physisch sehr präsent und hat mit Sam und Ilicevic gefährliche, schnelle Spieler auf den Außenbahnen", warnt Stanislawski, der sich bei der Wahl des Nebenmanns von Kapitän Fabio Morena im Abwehrzentrum, wie schon vor dem Spiel beim FSV Frankfurt, erneut zwischen Ralph Gunesch und Marcel Eger entscheiden muss.

Wichtiger als die Wahl des Personals wird aber, und das dürfte spätestens seit gestern allen Beteiligten klar geworden sein, die Einstellung sein. Die Parole: Nur nicht nachlassen! Die Schlagwörter: Konzentration und Konstanz. "Wir dürfen nicht den Fehler machen und mit unserer Euphorie ins offene Messer laufen", mahnt der Trainer, der mit seiner Mannschaft nach zwei Auswärtsspielen und der Länderspielpause seit einem Monat nicht mehr am heimischen Millerntor gespielt hat.

Die Stätte dürfte am Sonntag einmal mehr zum emotionalen Epi-Zentrum der Liga werden. Mit ihrem schnellen, technisch versierten Spiel hat die Mannschaft bislang fünf Mal nachhaltig Eigenwerbung betrieben. Zudem elektrisiert das direkte Duell um die Tabellenspitze. Seit Tagen ist das Stadion mit 23 201 Zuschauern ausverkauft. Wer keine Karte hat, bleibt außen vor. Alarm im Sperrbezirk!

Nutzen Sie unseren St. Pauli SMS-Dienst und seien Sie immer auf dem Laufenden bei News und Ergebnissen rund um den Kultverein.