Er macht sich gern unbeliebt. Als der Spieler des FC St. Pauli mit den meisten Fouls und den meisten Gelben Karten kennt Timo Schultz auch mit seinen eigenen Kollegen keine Gnade. Als Kassenwart ist der 31-Jährige zuständig für die Einhaltung des umfangreichen Strafenkatalogs. “Regeln sind da, um eingehalten zu werden - das gilt für jeden Spieler“, so “Schulle“ rigoros, “wer die verletzt, der hat ein Problem.“ Wie denn die Zahlungsmoral seiner Kollegen sei? “Das klappt. Dafür habe ich in der Mannschaft meine Eintreiber.“

Pichl. Der stolze Familienvater gilt bei seinen Kollegen als vorbildlicher Profi. Wenn die Mitspieler nach den harten Einheiten auf ihre Zimmer verschwinden, zieht es den "Sechser" in den Kraftraum, "ausrollen", wie Schultz seinen 30-minütigen Ergometer-Ritt nennt, den normale Menschen als komplette Krafteinheit bezeichnen würden. "Ich muss viel machen", erklärt der Rechtsfuß, "auf meiner Position haben wir uns sehr gut verstärkt. Ich bin damals aus Kiel gekommen, heute werden 500 000 Euro für Neue bezahlt. Da ist die Startelf für mich längst kein Selbstgänger." Auch deshalb verschwendet der Führungsspieler derzeit keinen Gedanken daran, dass er sogar als neuer Mannschaftskapitän gehandelt wird. "Erstens sollte der Mannschaftskapitän unumstrittener Stammspieler sein. Zweitens gibt es keinen Grund, Fabio Morena sein Amt wegzunehmen", sagt er.

Schultz, der 2005 von Holstein Kiels "Zweiter" ans Millerntor wechselte, ist bekannt für harte Zweikämpfe und Geradlinigkeit in allen Bereichen. "Ich bin sicher nicht der Typ Charles Takyi, der mit technischen Einlagen brilliert. Bei mir tut es eben eher weh", sagt Schultz, der teamintern als Motivator und Regulator gilt. Trainer Holger Stanislawski zählt auf die Erfahrung des 31-Jährigen. "Schulle bringt alles mit, was ein guter Teamspieler braucht. Er ist ehrgeizig, ein vorbildlicher Arbeiter und integrativ." Und er sorgt für die notwendige Einhaltung der Hierarchie. Auch im Trainingslager: "Für die Jungen ist es doch heutzutage wie im Schlaraffenland", spricht Schultz auf das Viereinhalb-Sternehotel "Pichlmayrgut" an, in dem die Mannschaft so nobel wie noch nie residiert. "Aber es ist wichtig, dass die Jungen die Tore und die Bälle schleppen, dass in der Kabine Deutsch gesprochen wird. Da achte ich schon drauf."

Seine weiche Seite zeigt Schultz nur, wenn es um die Kinder geht. Nach dem täglichen 15-minütigen Anruf via Internet-Bildtelefon Skype braucht Schultz Zeit zum Durchatmen. "Zu wissen, dass der Lütte Paul immer anfängt zu weinen, sobald das Bild weg ist, ist hart." Sogar für den Härtesten. (sm)

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