Wenn man das Gefühl hat, nicht mehr von der Stelle zu kommen, sollte man das Weite suchen.

Hamburg/München - Das dürfte sich am gestrigen Freitag Alexander Ludwig gedacht haben, als er auf der Autobahn A1 im Stau auf dem Weg nach München stand. Dabei hatte der 25-Jährige extra die lange Fahrt auf sich genommen, um den nächsten Schritt in seiner Karriere zu machen. Seit gestern steht fest: Ludwig verlässt den FC St. Pauli und wechselt ablösefrei zu 1860 München in den Süden.

"1860 ist ein ambitionierter Verein mit einer sehr reizvollen Perspektive. Das Gesamtkonzept der Verantwortlichen hat mich überzeugt", sagte Ludwig, der bei den Löwen nach dem obligatorischen Medizintest am Nachmittag einen Zweijahresvertrag unterschrieb. Dabei hat der Neu-Münchner aber nur die halbe Wahrheit verraten. Schließlich hat Ludwig bis zuletzt betont, dass er im kommenden Jahr unbedingt in der Bundesliga spielen möchte, deswegen St. Paulis Angebot zur Vertragsverlängerung nicht annehmen könne. Doch weder Energie Cottbus noch Borussia Mönchengladbach, die beide Interesse hatten, konnten sich zu einem Kauf durchringen. So muss Ludwig den Traum von der Ersten Liga um mindestens ein Jahr zurückstellen, den Wunsch nach einem lukrativen Vertrag darf sich St. Paulis einstiger Publikumsliebling dagegen schon jetzt erfüllen. Nach Abendblatt-Informationen soll Ludwig in München sehr viel mehr als in Hamburg verdienen. "Ich freue mich, dass wir Ludwig überzeugen konnten, nach München zu wechseln. Er wird unsere Offensive mit seiner Technik und Spielübersicht bereichern", kommentierte Löwen-Sportdirektor Miroslav Stevic den Transfercoup.

Der endgültige Abschied Ludwigs, der die Hamburger nicht wirklich überraschend trifft, setzt St. Paulis Verantwortliche nun zusätzlich auf der Suche nach Verstärkungen unter Druck. Besonders im offensiven Mittelfeld ist der Bedarf groß, nachdem Filip Trojan (Mainz 05), Björn Brunnemann (Union Berlin) und Ludwig bereits das Weite gesucht haben, David Hoilett vermutlich ebenfalls nicht gehalten werden kann. Bislang holte sich Sportchef Helmut Schulte, der den Wechsel Ludwigs "nur schwer nachvollziehen" kann, einen Korb vom Kölner Thomas Broich ab, der lieber nach Nürnberg wechselt. Und der ebenfalls von St. Pauli umworbene Aachener Matthias Lehmann hat seine Zukunftsentscheidung auf Montag vertagt. "St. Pauli ist für uns noch immer ein Thema", sagt zwar Lehmanns Berater Volker Struth, gibt aber gleichzeitig an, dass dem möglichen Ludwig-Nachfolger weitere interessante Anfragen vorliegen.

Schulte darf sich zumindest über die Verlängerung von Nachwuchsmann Davidson Drobo-Ampem, der einen Profivertrag für ein Jahr unterschriebe hat, freuen. So bleibt St. Pauli wenigstens ein Profi, der nicht das Gefühl hat, in Hamburg auf der Stelle zu treten. (ks)