St. Paulis Co-Trainer gewinnt als Interims-Sportchef an Einfluss, macht seinen Fußballlehrer und kooperiert mit Transfermarkt.de

Hamburg. Für viele ist er schlicht jener "Fußballgott" geblieben, der für den FC St. Pauli zwischen 1997 und 2008 174 Spiele bestritt, 44 Tore erzielte und 2010 in die Jahrhundert-Elf gewählt wurde. Dabei hat er längst andere Titel erworben, ist je nach Sichtweise Meistercoach, Co-Trainer, angehender Sportfachwirt und Interims-Sportchef, Verlagsbesitzer, Gesellschafter, Lehrgangsteilnehmer oder auch - wie im Fall der ehemaligen Fußballprofis Jörn Großkopf und Dietmar Hirsch - Teil der Fahrgemeinschaft Hamburg-Hennef und zurück. Thomas Meggle bewegt sich auf vielen Feldern, ist interessiert, neugierig und sammelt Erfahrungen.

In der vergangenen Woche waren auch noch seine handwerklichen Qualitäten gefragt, nachdem er die ersten Tage an der Hennes-Weisweiler-Akademie absolviert hatte. 40 Kilometer südöstlich von Köln endete der Start in den Fußballlehrer-Lehrgang für den 59. Jahrgang zwar bereits Mittwochnachmittag, hielt für Meggle, Großkopf und Hirsch aber noch eine Verlängerung bereit. "Jörn und ich mussten noch zwei Stunden auf Didi warten. Dann war Stau, wir benötigten für die ersten 130 Kilometer zweieinhalb Stunden", so Meggle, der nach einem Reifenplatzer an Großkopfs Volkswagen auf der A 1 hinter Münster kurzerhand selbst Hand anlegte und den Radwechsel durchführte, um Hamburg zumindest kurz nach Mitternacht zu erreichen.

Nein, Zeit hat Meggle keine. Den Job als A-Junioren-Trainer von Blau-Weiß 96 Schenefeld gab er nach dem Gewinn der Hamburger Meisterschaft notgedrungen ab, der Lehrgang und die Entwicklungen bei St. Pauli füllen den Terminkalender: Als Co-Trainer ist er als Seismograf und sensibler Brückenbauer im Verhältnis zwischen Mannschaft und Trainer gefordert, zudem ist er nach der Trennung von Helmut Schulte auch mit der Kaderplanung betraut. Im Rahmen seiner Umschulung zum Sportfachwirt hatte er den Sportchef zuletzt als Praktikant begleitet, nun ist er zumindest kommissarisch Nachfolger. Er trifft sich mit Spielern, sitzt mit Beratern am Verhandlungstisch oder erklärt Profis beim Rundgang über Trainingsgelände, Geschäftsstelle und Stadionbaustelle den Klub. Keine Frage, der 37-Jährige hat an Einfluss gewonnen, was auch die anstehende Vertragsverlängerung bis 2015 dokumentieren dürfte.

Dabei hat der gebürtige Münchner auch abseits des Platzes längst die Weichen für die Zukunft gestellt, ist Gesellschafter der tom2m Thomas Meggle Medien GmbH, verlegt Fußballbücher und -kalender und zeichnet als Besitzer des Internetportals "Fußball Hamburg" in einer Kooperation mit Marktführer Transfermarkt.de für ein neues, großes Projekt verantwortlich: Unter dem Namen "Fußball Regio" soll der Amateurfußball in Deutschland ein virtuelles Zuhause bekommen und die Spielerdaten abwärts der fünften Liga abrufbar machen. Seit September läuft der Pilotversuch in Hamburg. Mit Michael Scholtan wurde ein Projektleiter angestellt. "Jeder Verein, jede Region hat eigene Pages, aber nirgendwo gibt es den Amateurfußball gesammelt", sagt Meggle, der ein zufriedenes Zwischenfazit zieht: "Es füllt sich, aber am Ziel sind wir noch nicht."

Genug Arbeit also für den umtriebigen Meggle - bei den Kleinen wie bei den Großen. Die Übergabe der Geschäfte an den designierten Sportchef Rachid Azzouzi steht an, finale Vertragsgespräche im Fall Lennart Thy ebenso. Zudem werden noch ein Angreifer und ein Außenverteidiger gesucht. Viel kann passieren in den nächsten Tagen, Meggle dreht an einigen Schrauben - auch ohne weitere Radwechsel. "Selbststudium" sieht der Stundenplan der Trainerschüler in dieser Woche vor. Für Thomas Meggle sicher kein Problem.

Die Bochumer Staatsanwaltschaft hat im Wettskandal von 2008 und 2009 Anklage gegen den früheren St.-Pauli-Profi René Schnitzler erhoben. Ihm und dem ehemaligen Osnabrücker Thomas Cichon werden Beihilfe zum Betrug, Unterstützung einer kriminellen Vereinigung und Steuerhinterziehung vorgeworfen. 18 Spiele sollen manipuliert worden sein, darunter acht in der Zweiten Bundesliga.