Hamburg. An diesem Sonnabend erlebt der HSV eine Premiere. Erstmals in ihrer Vereinshistorie bestreiten die Hamburger ein Spiel gegen die SV Elversberg (13 Uhr/Sky und Liveticker bei abendblatt.de). Viel größer könnten die Unterschiede zwischen dem einstigen Bundesliga-Urgestein und dem Club aus der saarländischen 13.000-Einwohner-Gemeinde Spiesen-Elversberg kaum sein.
HSV News: Walter lobt Entwicklung des Teams
Und doch bedeutet die sportliche Realität für beide Vereine: Zweite Liga. „Elversberg hat es sich verdient, in dieser Liga zu spielen. Sie haben in der Region etwas entfacht. So eine Frische tut der Liga auch gut“, sagt HSV-Trainer Tim Walter und unterstreicht: „Wir werden den Elversbergern nicht den Gefallen tun, sie zu unterschätzen. Auch wenn andere das denken.“
Der überzeugende Saisonstart mit 13 Punkten aus fünf Spielen darf den HSV-Fans allerdings berechtigte Hoffnung machen, dass es in näherer Zukunft keine weiteren Premieren dieser Art mehr geben könnte. „Ich finde, dass wir sehr abgeklärt und geduldig sind“, sagt Walter über seine Mannschaft, die zuletzt dreimal ohne Gegentor geblieben ist.
HSV tut sich mit Außenseitern schwer
Das schwere Auftaktprogramm mit den Partien gegen Schalke 04 (5:3), den Karlsruher SC (2:2), Hertha BSC (3:0), Hannover 96 (1:0) und Hansa Rostock (2:0) hat der HSV mit Bravour gemeistert. Walter: „Wir sind ruhiger, souveräner und entspannter. Ich glaube, das ist der Schritt, den wir gegangen sind.“
Gescheitert waren die Hamburger in den vergangenen Jahren vor allem an vermeintlich kleinen Gegnern. In der abgelaufenen Saison setzte es etwa zwei Niederlagen gegen den spielstarken Aufsteiger 1. FC Magdeburg. Einen „gepflegten Fußball“ (Zitat Walter) spielt auch die SV Elversberg. Der Aufsteiger, der unter Trainer Horst Steffen den Durchmarsch von der Regionalliga bis in die Zweite Liga geschafft hat, liegt auf Platz sechs in der Ballbesitztabelle. „Das ist das, was er dort implementiert hat“, sagt Walter.
Elversberg will Offensivfußball spielen
Und wie der HSV steht die SV Elversberg besonders für eines: viele Torabschlüsse. „Unabhängig von der Liga ist es ihr Ziel, die meisten Tore zu schießen“, sagt Spielanalyst Mats Beckmann, dessen Firma Createfootball seit mehr als einem Jahr mit der SV Elversberg zusammenarbeitet.
„Wer viele Tore schießt, steigt nicht ab und kann sogar Meister werden. In der vergangenen Saison war das der Fall. Da sind sie in einen Flow gekommen.“ 80 Tore haben die Elversberger in ihrer Meistersaison in der 3. Liga erzielt. „Es freut mich, dass wir die Regel ,Die Defensive gewinnt Meisterschaften’ damit etwas widerlegen konnten“, erzählt SVE-Trainer Horst Steffen lachend im Gespräch mit dem Abendblatt.
HSV-Defensive imponiert Elversbergs Trainer
Der HSV war mit 70 Treffern derweil Spitze in der Zweiten Liga. Sein System hat Walter, dessen offensive Spielweise allerdings auch viele Kontergegentore zur Folge hatte, mittlerweile etwas angepasst: „Ich finde, dass wir sehr gut verteidigen“, betont der 47-Jährige. Auch Horst Steffen weiß, dass seine Mannschaft in der Zweiten Liga vor andere Anforderungen gestellt ist. „Wir merken nun, dass wir auch mal an eine Grenze stoßen“, sagt er.
Nach fünf Spieltagen stehen die Saarländer mit vier Punkten auf Tabellenplatz 15. Sechs Tore hat die SVE erst geschossen und dazu auch schon zwölf kassiert. „Es war klar, dass es nicht so weitergehen konnte wie in der 3. Liga“, sagt Steffen. „Wir haben zwar genügend Chancen, erkennen aber auch, dass sich der Gegner immer häufiger in unsere Bälle schmeißt.“ Was die Defensivarbeit betrifft, könne sich sein Team beim HSV „ein paar Dinge abschauen“. Steffen: „Es ist vorbildlich, wie sie zurzeit in der Restverteidigung agieren.“
HSV hat sich im Konterspiel verbessert
Analyst Beckmann betont, dass sich die Hamburger zugleich im Konterspiel deutlich verbessert haben. „Das ist auch eine große Stärke der SV Elversberg“, sagt er. „Ich denke aber, dass Hamburg wegen der individuellen Qualität die dominantere Mannschaft sein wird.“ In dieser Saison hat der HSV den wahrscheinlich stärksten Kader seit Walters Amtsantritt vor zwei Jahren. „Wir sind jetzt vielleicht noch ein bisschen unausrechenbarer“, sagt Walter.
Setzen kann der Coach vor allem auf Laszlo Benes, der seit Saisonbeginn im absoluten Formhoch ist. Der 26-Jährige ist in dieser Woche von seiner Länderspielreise mit der slowakischen Nationalmannschaft zurückgekehrt. In der EM-Qualifikation traf der zentrale Mittelfeldspieler mit seinem Team auf Portugal (0:1) und Liechtenstein (3:0). „In der Nationalmannschaft spielt er etwas anders, aber er adaptiert unsere Inhalte schnell, wenn er wieder da ist“, erläutert Walter.
Benes traf schon gegen Elversberg
In der vergangenen Saison hatte er den 56-fachen Bundesligaspieler 14-mal von der Bank gebracht. Benes kam trotzdem auf 15 Scorerpunkte. „Er hat sich auch vergangene Spielzeit schon weiterentwickelt“, betont Walter. „Dann hatte er einen Durchhänger mit seiner Verletzung.“ Zweimal zog sich Benes, der mit fünf Treffern die Torschützenliste der Liga anführt, einen Muskelfaserriss zu. Dadurch verpasste er unter anderem die Relegationsspiele gegen VfB Stuttgart (0:3, 1:3).
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„Er wird sich immer weiterentwickeln, weil er die Bereitschaft und die Offenheit hat, besser zu werden“, sagt Walter. „Das zeigt mir einfach, welche Freude und Power er in seine Entwicklung reinlegt. Das kann gerne so weitergehen.“ Mit der SV Elversberg hat Benes schon gute Erfahrungen gemacht. In der Saison 2021/22 spielte er mit Borussia Mönchengladbach in der zweiten DFB-Pokalrunde bei der SVE. Beim 5:0-Sieg erzielte er einen Treffer.
Walter war schon mal an der Kaiserlinde
Das Stadion an der Kaiserlinde, das zurzeit ausgebaut wird, ist mit einer Kapazität von rund 10.000 Zuschauern das kleinste der Zweiten Liga. Walter geht dennoch von einer lautstarken Umgebung aus: „Überall wo wir hinkommen, herrscht Atmosphäre.“ Und Elversbergs Trainer Steffen versichert: „Ein 6:4 wie zwischen dem 1. FC Magdeburg und Hertha BSC werden wir nicht sehen. Auch, wenn das sicherlich toll für die Leute im Stadion wäre.“
Seine Premiere in Elversberg hat Tim Walter übrigens schon erlebt. Am 16. August 2015 trat er mit dem FC Bayern München in der B-Jugend-Bundesliga bei den Saarländern an – und gewann mit 2:1.
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