HSV-Gegner

Wie die SV Elversberg den deutschen Profifußball aufmischt

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Trainer Horst Steffen (54) hat die SV Elversberg von der Regionalliga bis in die 2. Bundesliga geführt.

Trainer Horst Steffen (54) hat die SV Elversberg von der Regionalliga bis in die 2. Bundesliga geführt.

Foto: Witters

Der Gegner des HSV hat eine wundersame Reise hingelegt. Dabei sind die Saarländer der kleinste Standort in den ersten drei Ligen.

Hamburg. Irene Frisch und ihre Freundinnen haben ein festes Ritual. Vor Heimspielen gehen die Anhängerinnen der SV Elversberg ins Gasthaus Kaiserlinde, das nur wenige Meter vom gleichnamigen Stadion entfernt liegt. „Dann glühen wir schon mal ein bisschen vor“, erzählt die 68-Jährige, die der SVE seit 1981 die Treue hält. Damals hat sie den Verein noch in der Oberliga Südwest spielen gesehen.

Nach dem Abstieg 1987 folgten sogar sieben lange Jahre in der Verbandsliga Saar. Doch das ist Vergangenheit. Mittlerweile spielen die Saarländer in der 2. Bundesliga und empfangen am kommenden Sonnabend den HSV (13 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de). „Das ist für uns ein ganz tolles Erlebnis“, sagt Frisch stolz.

HSV-Gegner Elversberg erlebt Höhenflug

Nach zwei Aufstiegen in Folge ist der Zuschauerschnitt von 1607 auf 8369 angewachsen. Der sportliche Höhenflug hat Frisch und ihre Freundinnen dazu veranlasst, im Sommer einen zehnköpfigen Fanclub zu gründen: die Elven. Wortspiele dieser Art sind offenbar beliebt. Seit Kurzem hat die SV Elversberg auch eine offizielle Vereinshymne mit dem Titel „Unsere Elv“. Eine Textzeile darin lautet: „Der Jubel von den Rängen schallt kilometerweit vom Saarland in die Welt.“

In der deutschen Fußballwelt hat sich der Verein einen Namen gemacht – und das kommt auch in der Region an: „Schon in der vergangenen Saison hat sich bei uns einiges getan. Es sind viele Familien, viele Kinder im Stadion. Es tut dem Saarland gut, dass es hier wieder Zweitligafußball gibt“, sagt Elversbergs Trainer Horst Steffen im Gespräch mit dem Abendblatt.

Elversberg gelang Durchmarsch in Liga Zwei

Der 54-Jährige hatte die Mannschaft 2018 in der Regionalliga Südwest übernommen. Seitdem ging es nur noch bergauf. Auf den Aufstieg aus der Regionalliga folgte im Juni 2023 die Meisterschaft in der 3. Liga. Vom elften Spieltag an war der Liga-Neuling durchgehend Tabellenführer. „Keiner konnte ahnen, dass es so gut läuft. Wir hatten einen spektakulären Start mit dem 5:1-Sieg gegen Rot-Weiss Essen. Von da an lief es einfach“, sagt Steffen.

Der Sprung in den Profifußball war dem Verein im Jahr 2013 schon einmal geglückt. In der damaligen 3. Liga trat der Club unter anderem gegen die heutigen Bundesligisten SV Darmstadt 98, 1. FC Heidenheim und RB Leipzig an. Den Klassenerhalt verpasste Elversberg aber knapp. „Das war nicht schlimm. Der Abstieg war ein Ausrutscher“, sagt Irene Frisch.

Pharmaunternehmen ist Hauptsponsor

In den Folgejahren trat der Verein vor allem als unliebsamer Pokalgegner in Erscheinung. Vor drei Jahren musste der FC St. Pauli dran glauben. Die Kiezkicker verloren in der ersten Pokalrunde mit 2:4. Ein Stück Vereinsgeschichte ist auch der 4:3-Sieg in der vergangenen Saison über Bayer Leverkusen. Das war unser bisher größtes Spiel“, sagt Steffen. „Wir hatten einfach einen guten Tag.“

Mit 13.000 Einwohnern ist Elversberg der kleinste Standort im deutschen Profifußball. Wie kann der Club da überhaupt mithalten? Die Antwort findet sich im Präsidium. In den 1990er-Jahren war der Unternehmer und frühere Profi Frank Holzer beim SVE eingestiegen. 2011 übergab er das Präsidentenamt an seinen Sohn Dominik Holzer, der mittlerweile auch das Familienunternehmen mit dem Namen Ursapharm leitet.

Stadion muss erweitert werden

Der Arzneimittelhersteller ist zugleich Hauptsponsor des Vereins. Das Stadion, das seit 2013 im Umbau ist, trägt offiziell den Namen Ursapharm-Arena an der Kaiserlinde. In der Zweiten Liga muss die Kapazität von aktuell rund 10.000 auf 15.000 Zuschauer erhöht werden. Weil die Arena am zweiten Spieltag noch nicht einsatzbereit war, zog der Verein gegen Hansa Rostock (1:2) ins Saarbrücker Ludwigsparkstadion um. Die Bauarbeiten sollen bis 2025 abgeschlossen sein.

Der Etat für die Profimannschaft liegt bei rund neun Millionen Euro, womit Elversberg zum unteren Drittel der Liga zählt. „Wir hatten auch in der 3. Liga nicht den besten Etat“, sagt Steffen. „Für mich sind solche Themen aber auch kein Argument.“ Seinen Vertrag hat der Fußballlehrer im Januar vorzeitig bis 2026 verlängert. Im Winter soll auch der FC St. Pauli inter­essiert gewesen sein. „Ich bin sehr glücklich und zufrieden“, betont Steffen. „Was in der Zukunft ist, weiß kein Mensch.“

Trainer Steffen hat großen Respekt vor dem HSV

Nach zwei furiosen Jahren habe der Saisonstart mit vier Punkten aus fünf Spielen allerdings auch gezeigt, dass man in der Zweiten Liga an Grenzen stoßen kann. Entsprechend groß ist der Respekt vor dem Spiel gegen den HSV. „Für uns war es eine Wohltat, dass wir vor der Länderspielpause unsere Auswärtspartie in Osnabrück gewonnen haben“, sagt Steffen.

Gegen den HSV werden die Elven wieder von der Tribüne aus anfeuern. „Das wird ein heißes Spiel“, sagt Frisch. Nach der Partie geht es für den Fanclub wieder in die Kaiserlinde – unabhängig davon, wie das Ergebnis lauten wird. „Wir halten immer zu unserer SVE. Egal, was kommt.“

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