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So wurde Campari einst zum ersten HSV-Hauptsponsor

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Am 12. Januar 1974 lief der HSV erstmals in der Bundesliga mit Trikotwerbung auf. Franz-Josef "Bubi" Hönig führte das Team gegen Wuppertal auf den Platz.

Am 12. Januar 1974 lief der HSV erstmals in der Bundesliga mit Trikotwerbung auf. Franz-Josef "Bubi" Hönig führte das Team gegen Wuppertal auf den Platz.

Foto: HansDietrichKaiser / WITTERS

Vor 50 Jahren eroberte die Trikotwerbung die Bundesliga – die Hamburger reagierten schnell. Wie der Deal damals entstand.

Hamburg. Den Rahmen hatte Dr. Peter Krohn dem Anlass entsprechend festlich gewählt. Der erst im November 1973 gewählte unternehmenslustige HSV-Präsident lud am 2. Januar 1974 zum Neujahrsempfang ins Hotel Vier Jahreszeiten ein, um eine zuvor streng geheim gehaltene Neuigkeiten zu verkünden. Die damaligen Profis Georg „Schorsch“ Volkert, Klaus Zaczyk und Franz-Josef „Bubi“ Hönig präsentierten der erstaunten Öffentlichkeit die neuen Trikots mit dem „Campari“-Schriftzug. Wenige Tage später, am 12. Januar 1974, liefen die Hamburger gegen den Wuppertaler SV erstmals in ihrer Vereinsgeschichte mit einem Trikotsponsor auf.

Den Weg für diese kleine Revolution im deutschen Fußball freigemacht hatte der Wolfenbütteler Likörfabrikant Günter Mast: An diesem Freitag vor genau 50 Jahren, am 24. März 1973, spielte Eintracht Braunschweig als erster Verein mit Trikotwerbung in der Bundesliga. Mit einem Kniff hatte er die Statuten ausgehebelt, indem er den Löwen als Vereinswappen durch den Jägermeister-Hirsch ersetzte. Der Bann war gebrochen, am 27. Oktober 1973 gab ein DFB-Bundestag die Trikotwerbung dann für alle Clubs frei – und der HSV reagierte am schnellsten, war nach dem Abstieg der Niedersachsen kurze Zeit der einzige Erstligaclub mit einem vermarkteten Trikot.

HSV-Präsident Dr. Peter Krohn handelte mit Carl Jarchows Vater den Vertrag aus

Carl-Edgar Jarchow, der frühere HSV-Präsident (2011–2015), erinnert sich noch ganz genau an jene Ereignisse. Als damals 17-Jähriger war er in den Genuss einer persönlichen Einladung ins Vier Jahreszeiten gekommen, da sein Vater Edgar am für den HSV angesichts chronisch leerer Vereinskassen äußerst lukrativen Sponsorendeal (300.000 D-Mark bis zum 30. Juni 1975) maßgeblich beteiligt wer.

„Mein Vater besaß als Inhaber der Spirituosen-Firma Hans Prang die Lizenz für die Herstellung und den Vertrieb von Campari in Deutschland“, erinnerte sich Carl Edgar Jarchow anlässlich des Jubiläums. „Er hatte auch schon mit dem Präsidenten Horst Barrelet über einen Vertrag verhandelt.“ Aber erst mit Nachfolger Krohn ging alles ganz schnell. „Vom Chefbarmixer wurde ein HSV-Cocktail (Leicht – bekömmlich – sportlich) kreiert: ¼ Orangensaft, ¼ Campari und ½ Sekt. ,Das schmeckt’, urteilten die verwöhnten Lizenzkicker“, schrieb das Abendblatt damals über den Neujahrsempfang.

Plötzlich durfte Carl Jarchow, der ansonsten als HSV-Fan immer in der Westkurve des alten Volksparkstadions stand, im sogenannten Kuchenblock auf der Haupttribüne neben seinem Vater und Krohn Platz nehmen. „Das war schon sehr ungewohnt", sagt Jarchow, der froh war, als er wieder zurück auf die Stehplätze zu seinen Freunden konnte.

Frankfurt-Legende Grabowki machte Campari bundesweit bekannt

Nicht nur, aber auch durch das Investment beim HSV stiegen der Bekanntheitsgrad und auch der Umsatz des Getränkeherstellers rasant. Bundesweite Aufmerksamkeit erlangte Campari im DFB-Pokalfinale im August 1974, als der HSV gegen Eintracht Frankfurt zwar 1:3 nach Verlängerung verlor, aber Jürgen Grabowski, der Kapitän der Hessen, vor der Siegerehrung das Trikot mit einem Hamburger tauschte und so der HSV-Sponsor auf allen Jubelfotos des Eintracht-Kapitäns auftauchte – Remington, der damalige Sponsor der Frankfurter, soll darüber vor Wut geschäumt haben.

Der FC St. Pauli, der in der Saison 1974/75 in der neu geschaffenen 2. Bundesliga spielte, verkaufte seine Brust erst zwei Jahre nach dem HSV, spielte ab Januar 1976 mit dem Schriftzug Lüder Bauring. Für die Anhänger der Elf vom Millerntor wird der Sponsor immer auch mit dem ersten Aufstieg in die Bundesliga 1977 verbunden bleiben.

Im Europacup durfte der HSV anfangs nicht mit Trikotwerbung spielen

Aus heutiger Sicht mit den Milliardenumsätzen gerade in den europäischen Wettbewerben mutet es geradezu grotesk an, dass der HSV in Europapokal noch ohne Trikotwerbung spielen musste. So prangten 1977, als der Club seinen ersten internationalen Titel gewinnen konnte, im Finale des Pokalsieger-Cups gegen Anderlecht (2:0) nur drei große Buchstaben auf der Brust : H – S – V.

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