Kommentar

Videobeweis? Nur ohne "Möchtegernentscheider" dahinter

| Lesedauer: 2 Minuten
Die VAR-Entscheidung soll Ungerechtigkeiten aufdecken, die dem Schiedsrichter entgangen sind. (Symbolbild)

Die VAR-Entscheidung soll Ungerechtigkeiten aufdecken, die dem Schiedsrichter entgangen sind. (Symbolbild)

Foto: Henning Kaiser/dpa/Symbolbild

Der Videoassistent kann für gerechteren Fußball sorgen. Doch oft geht das Prinzip nach hinten los – so auch am Sonnabend beim HSV.

Hamburg. Jonas Boldt hatte die Wahl, ob er die Szene schicksalsergeben über sich ergehen lässt – so, wie es auch keinen Sinn ergibt, sich über Regenwetter im Adriaurlaub aufzuregen, weil man ja eh hilflos ist – oder ob er doch noch mal die Stimme erhebt und sich über den Eingriff des Videoassistenten (VAR) beschwert. Nach dem Vorfall vom Sonnabend im HSV-Spiel gegen den 1. FC Nürnberg entschied sich der HSV-Sportvorstand für Kritik.

Kritik ausdrücklich nicht an der Institution Videobeweis an sich, die tatsächlich die Zahl der Fehlentscheidungen reduziert hat. Es geht Boldt um die Durchführung der Eingriffe. Er teilt damit das Gefühl wahrscheinlich Hunderttausender Fußballfans, vieler Spieler und Trainer. Es ist ein Gefühl, ausgeliefert zu sein den Lüsten und Launen im Kölner Keller. Der Abhängigkeit davon, wie der jeweilige VAR aufgestanden ist an diesem Tag und was für ein Typ er ist.

Kommentar: Der Videobeweis sollte Fußball gerechter machen – gerade ist das Gegenteil der Fall

Der Eindruck, bei allem Respekt, aus der Ferne ist oft genug auch der, dass dort Möchtegernentscheider vor den Monitoren sitzen, die Befriedigung daraus ziehen, selbst detektivisch tatsächliche oder vermeintliche Fehler aufzuspüren. Anstatt – wie es ihre Jobbeschreibung ist – den Schiedsrichter vor Ort nur auf „klare und offensichtliche Fehlentscheidungen“ hinzuweisen. Es ist also eben nicht einzuschreiten, wenn eine „Berührung“ vorliegt und es eine Fifty-fifty-Sache ist. Oder noch weniger, wie am Sonnabend beim HSV.

Die Schiedsrichter-Obersten haben diese Umsetzungsprobleme erkannt, sie haben es aber noch nicht geschafft, diese Haltung ihrer Gilde nachhaltig zu vermitteln. Das ist auch ein Führungsproblem. Die Akzeptanz des Videoassistenten und auch der ihnen „hörigen“ Schiedsrichter wird damit immer geringer. Ein Hilfsmittel, das eigentlich den Fußball gerechter machen soll, wird so von den Handelnden diskreditiert. Das muss sich schnell ändern – Boldt hat recht.

Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: HSV