Hamburg. Der HSV holt Platz drei zurück. Das Team führt lange Zeit, kassiert dann aber den späten Ausgleich. Ein verdientes Ergebnis.

Tim Walter fasste sich an die Stirn und raufte sich die Haare. Der Trainer des HSV wusste in jener 87. Minute, dass dieser Ausgleich hochverdient war. Ko Itakura hatte soeben das 1:1 für Schalke beim HSV geschossen und damit zugleich den Endstand markiert. Es war eine gerechte Punkteteilung, die sich die unermüdlich anrennenden Gäste verdient hatten.

Die Hamburger erobern durch dieses Unentschieden zwar vorerst Platz drei der Tabelle zurück (am Sonntag kann Regensburg mit einem Sieg gegen Darmstadt vorbeiziehen), müssen sich aber kritische Fragen gefallen lassen, warum sie nach der frühen Führung vor 15.000 Zuschauern so ungewohnt passiv spielten. „Wir waren heute nicht mutig genug und haben zu viele lange Bälle gespielt“, monierte Walter.

HSV lässt 29 Schalke Schüsse zu

29:8 Torschüsse und 13:6 Ecken zählten die Statistiker am Ende pro Schalke, das zudem 58 Prozent seiner Zweikämpfe gewann. „Wir hatten viele einfache Fehler und hatten Schwierigkeiten, in unser Spiel zu kommen“, räumte HSV-Kapitän Sebastian Schonlau ernüchtert ein. „Wir wollten die drei Punkte einfahren, auch wenn wir nicht so gut gespielt haben. Deshalb sind wir jetzt natürlich enttäuscht. Aber unsere Entwicklung ist gut, wir müssen weiter an uns arbeiten.“

Auch der Torschütze zum 1:0, Robert Glatzel, ärgerte sich über die Passivität seiner Mannschaft. „Wir haben zu wenig für Entlastung gesorgt.“ Schalke-Torhüter Martin Fraisl setzte sogar noch einen drauf: „Wir waren die klar bessere Mannschaft.“

HSV-Coach Walter kritisiert Gyamerah

Das wollte Walter nicht so stehen lassen. Der HSV-Coach haderte vor allem mit dem Abwehrverhalten beim späten 1:1. „Gyambo ist eigentlich dran, er kriegt den Ball zwischen die Beine. Es war einfach schlecht verteidigt. Er muss auch schneller herausrücken, damit er im Abseits steht“, klagte er beim TV-Sender Sport1 in Richtung seines Linksverteidigers. Und auch Jonas Meffert monierte: „Uns fehlte der letzte Wille, zu null spielen zu wollen.“

Tabellenspitze der 2. Bundesliga
1. Heidenheim 34 / 67:36 / 67
2. Darmstadt 98 34 / 50:33 / 67
3. HSV 34 / 70:45 / 66
4. Düsseldorf 34 / 60:43 / 58
5. FC St. Pauli 34 / 55:39 / 58

Glatzel trifft für HSV gegen Schalke

Dabei startete der HSV, der personell unverändert im Vergleich zum jüngsten Heimerfolg gegen Hansa Rostock (3:0) antrat, aggressiv – und ging nach gerade einmal 77 Sekunden in Führung. Kittel flankte einen Eckball auf den Elfmeterpunkt, wo Stürmer Robert Glatzel völlig frei zum Kopfball kam und diesen ins linke Eck platzierte (2.). Eine einstudierte Variante zum 1:0 für den HSV!

Dass bei Schalke die Zuordnung bei dieser Standardsituation überhaupt nicht stimmte, schienen die Hamburger geahnt zu haben. „Wir machen uns natürlich auch ein paar Gedanken und wissen, wo Schalke anfällig ist. Es freut mich fürs Trainerteam, dass der Plan aufging“, sagte Sportdirektor Michael Mutzel.

Robert Glatzel (2.v.r.) schoss den HSV gegen Schalke 04 in Führung. Doch es reichte nicht zum Sieg.
Robert Glatzel (2.v.r.) schoss den HSV gegen Schalke 04 in Führung. Doch es reichte nicht zum Sieg. © Witters

Mit der Führung im Rücken zog sich der HSV etwas zurück und überließ den Gästen Walter-untypisch viel Raum. Dabei kam den Gastgebern entgegen, dass sich Schalke, das weiterhin auf Toptorjäger Simon Terodde verzichten musste, erschreckend harmlos im Abschluss präsentierte. Der Bundesliga-Absteiger schoss nahezu aus allen Lagen – gefährlich wurde es aber selten.

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HSV vs. Schalke: Walter und Grammozis geraten aneinander

Deutlich zwingender war der zweite Angriff des HSV. Wieder war es Zielspieler Glatzel, der es diesmal aus der Drehung probierte, aber an Schalke-Torhüter Martin Fraisl scheiterte (24.). Kurz darauf reichte es Schiedsrichter Deniz Aytekin, was allerdings weniger am Geschehen auf dem Platz lag. Vielmehr war der Unparteiische darum bemüht, die Gemüter an der Seitenlinie zu beruhigen, wo Walter immer wieder mit Schalke-Coach Dimitrios Grammozis aneinandergeriet. Am Ende aber setzte sich Aytekin durch und die beiden Streithähne gaben sich die Hand.

Schon vor dem Anstoß wurde es brisant:

Danach stand wieder das Ballgeschiebe auf dem Rasen im Fokus. Schalke hatte deutlich mehr Torschüsse und erspielte sich bis zur Pause zudem sieben Eckbälle, doch nicht einer sorgte für Gefahr. „Mit dem Ergebnis bin ich ganz zufrieden, aber Schalke ist extrem gefährlich nach Standards. Wir müssen aufpassen, nicht so viel zuzulassen“, sagte Mutzel in der Halbzeit bei Sky.

HSV-Keeper patzt, aber Schalke verschießt

Nach dem Seitenwechsel erhöhte Schalke den Druck. Ein Ausgleich lag nun in der Luft. In dieser Phase des Spiels hinterließ vor allem HSV-Torwart Marko Johansson einen unsouveränen Eindruck. Immer wieder wurden seine Abspiele, die seine größte Schwäche sind, zur Gefahr. Nur wenige Minuten nach dem Wiederanpfiff hätte einer dieser Abspielfehler zum Ausgleich führen müssen. Doch Darko Churlinov ließ dieses Geschenk frei vor Johansson liegen und legte den Ball rechts am Tor vorbei (52.) – eine kuriose Szene. „Den muss er einfach machen“, klagte Mitspieler Marius Bülter.

Torschütze Ko Itakura (l.) jubelt über den verdienten Schalker Ausgleich beim HSV.
Torschütze Ko Itakura (l.) jubelt über den verdienten Schalker Ausgleich beim HSV. © Imago / KBS-Picture

Der HSV zog sich nun immer weiter zurück und zeigte kaum noch etwas von der Spielfreude der abgelaufenen Hinrunde. Schalke rannte dagegen unermüdlich an und wollte den Ausgleich förmlich erzwingen. Doch auch eine hochkarätige Doppelchance von Thomas Ouwejan und dem eingewechselten Bülter überstanden die Hamburger schadlos (67.).

HSV kassiert späten Ausgleich gegen Schalke

Offensiv ging beim HSV jedoch immer weniger. Wenn es Walters Elf dann aber mal gelang, für Entlastung zu sorgen, dann wurde es auch gefährlich. Doch sowohl Jatta (63.) als auch Kittel, der den Außenpfosten traf (68.), verpassten es, die Führung auszubauen.

Und so blieb es spannend bis zur Schlussphase, in der Schalke der überfällige Ausgleich gelang.

Die Statistik:

  • HSV: Johansson – Heyer, Vuskovic, Schonlau, Gyamerah (89. Wintzheimer) – Meffert – Reis (62. Kinsombi), Kittel – Jatta, Glatzel (89. Kaufmann), Alidou (74. Muheim). – Trainer: Walter
  • Schalke: Fraisl – Thiaw, Itakura, Kaminski – Ranftl (60. Aydin), Palsson, Ouwejan – Zalazar, Idrizi (85. Salif Sane) – Pieringer (60. Bülter), Churlinov. – Trainer: Grammozis
  • Tore: 1:0 Glatzel (2.), 1:1 Itakura (87.)
  • Schiedsrichter: Deniz Aytekin (Oberasbach)
  • Zuschauer: 15.000 (ausverkauft)
  • Gelbe Karten: Reis (2), Kittel (4) – Pieringer (5), Ranftl, Palsson (3), Itakura (2)
  • Torschüsse: 8:29
  • Ecken: 6:13

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