Hamburg. Gegen den dänischen Erstligaclub trafen im Volkspark Muheim und Glatzel doppelt. Auch Meißner, Kinsombi und Heyer erfolgreich.

Es waren gemischte Gefühle, mit denen HSV-Trainer Tim Walter (46) die 90 Minuten gegen den FC Nordsjaelland Revue passieren ließ. Das 7:4 (3:2) gegen den dänischen Erstligaclub war offensiv durchaus unterhaltsam, was die dezimierten Hamburger allerdings defensiv angeboten haben, wird dem Coach nicht gefallen haben

Die Treffer für die Hamburger erzielten Miro Muheim und Robert Glatzel (je zwei), Moritz Heyer, David Kinsombi und Robin Meißner. "Die Jungs waren engagiert, haben Gas gegeben. Chancen für viele Tore haben wir immer, müssen aber lernen konsequenter werden. Das tut uns heute mal gut, aber trotzdem wollen wir in den Saisonspielen auch viel mehr Tore machen", bilanzierte Trainer Walter nach dem höchsten Testspielsieg gegen einen Erstligaclub.

Allerdings weiß auch Walter, dass es ein Testspiel mit überschaubarem sportlichen Wert war. Die Dänen, die mit einer extrem jungen Mannschaft angereist waren, machten es dem HSV mit teilweise extrem naivem Abwehrverhalten leicht, die Treffer herauszuarbeiten. Das Durchschnittsalter der Startelf von Nordsjaelland lag bei 19,1 Jahren. Und doch dürfte es den Hamburgern, die in der Liga Probleme haben, Tore zu erzielten gut getan haben, den Ball so häufig ins Netz geschossen zu haben.

HSV-Trainer Walter lobt Linksverteidiger Miro Muheim

Vor allem Linksverteidiger Miro Muheim konnte sich Selbstvertrauen zulegen. Die Leihgabe des FC St. Gallen staubte zum 1:1 ab und brachte den HSV mit einem sehenswerten Kopfball-Aufsetzer zwischenzeitlich 3:2 in Führung. "Miro hat es gut gemacht. Er findet sich immer besser rein. Je mehr Spiele er macht, desto reifer und besser wird er", sagt Trainer Walter, der insgesamt die zum Teil vogelwilde Partie überzubewerten. Gerade im Defensivverhalten gab es durchaus Ansätze zur Verbesserung boten.

HSV ohne Nationalspieler und verletzte Spieler

Zumal er am Donnerstagnachmittag im Volkspark auf sein Improvisationstalent setzen musste und das Wort Testspiel wirklich wörtlich genommen werden musste. Neben den langzeitverletzten Tim Leibold (27, Kreuzbandriss), Stephan Ambrosius (22, Aufbau nach Kreuzbandriss), Tom Mickel (32, Aufbau nach Schulter-OP) und Josha Vagnoman (20, Aufbau nach Sehnenriss) fehlten auch auf die U-21-Nationalspieler Tommy Doyle (20, England), Mario Vuskovic (Kroatien), Ludovit Reis (21, Niederlande) sowie Anssi Suhonen (20), Juho Kilo (19, beide Finnland) und Faride Alidou (20), der erstmals für die U20 des DFB nominiert wurde.

Aus der Regionalliga-Mannschaft reisten zudem Gentrit Limani (21) und Valon Zumberi (18) zur albanischen U-21-Nationalmannschaft. Für Nachwuchstalent Jonah Fabisch (20) stehen zwei Länderspiele für die A-Nationalmannschaft von Simbabwe auf dem Programm.

Verletzte David und Meffert mussten kurzfristig beim HSV passen

Zudem musste Walter kurzfristig auf Innenverteidiger Jonas David (21) verzichten, der am Mittwoch das Training mit muskulären Problemen abbrechen musste. "Wir müssen bei ihm sehen, wie lange es dauert", sagte Walter. Auch Mittelfeldspieler Jonas Meffert musste passen. Der ehemalige Kieler hat sich einen Zeh gebrochen. "Er kann aber am Montag wieder trainieren. Ich habe auch schon Zehenbrüche gehabt, die sind in erster Linie schmerzhaft", so Walter.

Offensivspieler Sonny Kittel (28) und Torhüter Daniel Heuer Fernandes (28) wurden dagegen geschont.

Auf der Bank saßen neben Glatzel nur Youngster

Deshalb konnte sich Trainer Walter ein gutes Bild von dem einen oder anderen jungen Spieler machen. So erhielt beispielsweise Elijah Krahn (18), defensiver Mittelfeldspieler bei der U18, eine Chance in der Startformation. Auch Stürmer Robin Meißner (21), der zuletzt kaum eine Rolle spielte, erhielt eine Gelegenheit, Werbung in eigener Sache zu betreiben.

Auf der Ersatzbank nahmen neben Robert Glatzel (27) die Youngster Torhüter Steven Mensah (18, U21), Bent Andresen (18, U19), Arlind Rexhepi (18, U21), Luis Seifert (17, U19) und Felix Paschke (18, U19) Platz. Am Ende kamen alle Talente zum Einsatz. "„Ich habe erwartet, dass sie mutig sind, dass sie sich nicht verstecken. Das haben vor allem Paschke und Krahn gut gemacht. Sie müssen körperlich stärker werden, daran arbeiten wir", sagte Walter.

Wollen spanische Clubs Gyamerah verpflichten?

Vor dem Testspiel wurde derweil bekannt, dass es diverse Interessenten für HSV-Rechtsverteidiger Jan Gyamerah geben sollen. Vor allem in Spanien soll der 26-Jährige hoch im Kurs stehen. So sollen laut "Estadio Deportivo" unter anderem Betis Sevilla, der FC Granada und Celta Vigo ein Auge auf Gyamerah, der seinen Stammplatz verloren hat, geworfen haben.

Schema:

  • HSV: Johansson (87. Mensah) - Heyer (61. Andresen), Schonlau (46. Seifert), Gyamerah - Jatta (61. Glatzel), Muheim - Kinsombi (61. Paschke), Krahn - Wintzheimer (71. Rexhepi) - Kaufmann, Meißner.
  • Tore: 0:1 Agnero (4. Minute), 1:1 Muheim (6.), 2:1 Heyer (12.), 2:2 Coulibaly (20.), 3:2 Muheim (45.), 4:2 Kinsombi (60.), 4:3 Coulibaly (64.), 5:3 Meißner (70.), 6:3 Glatzel (73.), 6:4 Nagalo (79.), 7:4 Glatzel (87., Foulelfmeter)

Der Liveblog zur Partie gegen Nordsjaelland zum Nachlesen:

7:4: Glatzel sorgt per Elfmeter für den Endstand

Ist das Fußball oder Eishockey? Robert Glatzel verwandelt einen von Krahn herausgeholten Foulelfmeter zum 7:4. Der elfte Treffer am 11.11. Das Spiel hat etwas von Karneval. Wenig später nach dem Glatzel-Elfmeter war dann auch Schluss in einem Spiel, dass in die Testspielgeschichte eingehen wird.

6:4! HSV-Abwehr sieht wieder nicht gut aus

Das zehnte Tor im Volkspark: Im Anschluss einer Ecke können die Dänen verkürzen. Nach einer schönen Flanke steigt Adamo Nagalo hoch und köpft ohne Gegenwehr ein. Das Defensivverhalten kann HSV-Trainer Walter nicht gefallen.

6:3! Glatzel macht das halbe Dutzend für den HSV voll

Wieder ist Meißner beteiligt. Der perfekt getimete Steckpass findet Glatzel, der im Eins-gegen-eins-Duell mit dem Torhüter keine Nerven zeigt und flach einschiebt. Ob das der letzte Treffer ist?

Meißner vollendet schöne Kombination zum 5:3

Die Dänen drängen auf den Ausgleich, doch der HSV kontert in der 70. Minute eiskalt. Einen langen Ball vom eingewechselten Robert Glatzel erläuft Mikkel Kaufmann, dessen butterweiche Flanke am zweiten Pfosten von Robin Meißner eingeköpft wird.

4:3! Nordsjaelland kontert umgehend den HSV-Treffer

Und wieder klingelt es! Dieses Mal beim Walter-Team. Über die rechte Seite, die nun von Talent Bent Andresen bekleidet wird, brechen die Dänen durch und HSV-Doppeltorschütze Muheim pennt am zweiten Pfosten gegen Coulibaly, der aus kurzer Distanz nur noch einschieben muss.

4:2! Kinsombi erhöht nach Konter für den HSV

Der HSV kann erhöhen. Nach einem Ballverlust in der Vorwärtsbewegung findet Jatta Sturmkollegen Kaufmann, dessen kraftvoller Schuss vom dänischen Torwart pariert wird, den Abstauber vollstreckt David Kinsombi aus acht Metern.

HSV-Trainer Walter wechselt einmal zur zweiten Halbzeit

Und da ist der nächste Debütant. Der 17 Jahre alte Innenverteidiger Luis Seifert kommt für Kapitän Sebastian Schonlau in die Partie und rückt in die Dreierkette. Der ehemalige Spieler des 1. FC Magdeburg spielt eigentlich in der U19 des HSV und musste in seiner ersten HSV-Minute gleich Lehrgeld zahlen. Ein kapitaler Fehler führt beinahe zum Ausgleich, doch Doppelpacker Muheim klärt auf der Linie.

Muheim schnürt den Doppelpack: HSV führt wieder

Praktisch mit dem Pausenpfiff geht der HSV wieder in Führung. Nach einem schönen Flugball von Sebastian Schonlau auf die rechte Seite, den HSV-Trainer lautstark mit "Super-Ball, Bascho" lobt, kommt der Ball über Jatta zu Kinsombi, dessen mustergültige Flanke den aufgerückten Linksverteidiger Muheim findet. Und der Schweizer setzt den Ball per Kopfball-Aufsetzer ins Netz.

Spiel beruhigt sich: HSV fehlt es an Genauigkeit

Nach spektakulären ersten 20 Minuten beruhigt sich die Partie im Volkspark. Die Hamburger haben gegen die extrem junge dänische Mannschaft Probleme, sich Torchancen zu erspielen. Häufig fehlt die Präzision im Passspiel. Immerhin stimmt zu großen Teilen die Restverteidigung, sodass sich nach gut 30 Minuten die Partie in erster Linie im Mittelfeld abspielt. HSV-Trainer Tim Walter gefällt aber offenbar nicht, was er sieht, immer wieder gibt er lautstarke Anweisungen.

In der 40. Minute findet Kinsombi mit einem langen Chip-Pass Bakery Jatta, doch der Gambier verstolpert die Großchance.

Johansson patzt: Nordsjaelland gleicht aus

In den vergangenen beiden Pflichtspielen gegen Kiel und Karlsruhe überzeugte Torhüter Marko Johansson, doch gegen Nordsjaelland patzt der Schwede auf ganz bittere Art und Weise. Einen Rückpass spielt Johansson völlig unbedrängt in die Füße von Lasso Coulibaly, der ihn nur noch ins Tor schießen muss. Bereits im Testspiel gegen den VfL Wolfsburg (1:4) sah der Schlussmann häufig schlecht aus.

HSV testet Jatta und Muheim als "Schienenspieler"

Taktisch setzt Trainer Walter auf ein 3-5-2-System mit Bakery Jatta und Miro Muheim als "Schienenspieler". Dem frühen Gegentor gehen aber Abstimmungsprobleme voraus.

Tor für den HSV! Heyer sorgt für die Führung

Und das muntere Scheibenschießen im nebligen Volkspark geht weiter. Einen Schuss von Manuel Wintzheimer kann der dänische Keeper parieren, doch Moritz Heyer steht am zweiten Pfosten goldrichtig und staubt zur 2:1-Führung für den HSV ab.

Muheim gleicht aus: Torreicher Beginn im Volkspark

So hat sich der HSV die Anfangsphase nicht vorgestellt. In der vierten Minuten sorgt Yannick Agnero (18) nach einer unübersichtlichen Aktion im Strafraum für die Gäste-Führung. Debütant Elijah Krahn und David Kinsombi hatten die Chance, die Situation zu klären, doch der dänische Profi von der Elfenbeinküste ist einfach handlungsschneller. Nur zwei Minuten später zeigt das Walter-Team aber eine Reaktion. Ein toller Steckpass von Robin Meißner findet Mikkel Kaufmann, der mit seinem Schuss noch scheitert, doch Miro Muheim staubt aus kurzer Distanz ab.