Die historische Pleite gegen Bayern hat für Ilicevic etwas Gutes, denn der eigentlich in die U23 versetzte Kroate könnte gegen Gladbach auflaufen.

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Ursprünglich hatte der Dienstag zur Erholung dienen sollen, doch nach dem desolaten Auftritt gegen die Bayern wurde die Mannschaft dann doch zusammengerufen, um sich „die Köpfe freizulaufen“, wie es HSV-Trainer Joe Zinnbauer formulierte. Rund 60 Minuten durch den Volkspark ging es, bevor der Rest der Woche wieder der Ball im Mittelpunkt stehen soll. Auch Ivo Ilicevic wird dann dabei sein. Der Kroate wurde in der Winterpause zwar zur U23 versetzt, die Trainingseinheiten sollte er aber weiterhin bei den Profis absolvieren. In der Länderspielpause im März wollten sich alle Beteiligten dann eigentlich zusammensetzen, um die Zukunftsaussichten des verletzungsanfälligen Dribblers zu erörtern. Der durch diese Maßnahme eigentlich angestrebte Verkauf Ilicevics hatte in der Winterpause ja nicht geklappt.

Doch offenbar hatte die historische Pleite des HSV für Ilicevic etwas Gutes: Er darf sich nun berechtigte Hoffnungen machen, gegen Borussia Mönchengladbach am Sonntag (15.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) wieder im Bundesliga-Kader zu stehen. „Jeder Spieler kann sich im Laufe der Trainingswoche durch gute Leistungen für die Partie anbieten, auch Ilicevic“, erklärte Zinnbauer, der betonte, über jede Alternative froh zu sein. Am Mittwoch darf der 28-Jährige beim Testspiel der U23 gegen Halstenbek-Rellingen nochmals über 90 Minuten Spielpraxis sammeln – sollte er dort überzeugen, ist der Weg zurück zu den Profis wohl frei.

Das überrascht. Denn noch am Sonntag hatte Direktor Profifußball Peter Knäbel ziemlich deutlich erklärt, dass eine solche Vorgehensweise keine Option sein sollte. „Von meiner Warte her war eine längere Pause für Ilicevic geplant, und ich möchte auch nicht, dass wir da einen Zickzackkurs fahren. Ich will auch keine Retter- oder Erlöserszenarien kreieren mit Spielern, die zuvor nicht dabei waren. Ich gehe davon aus, dass wir bei der Entscheidung bleiben, auch wenn es im Endeffekt die Sache des Trainers ist.“ Den einen Tag Hü, den anderen Hott – damit fiel der HSV in der jüngeren Vergangenheit mehrfach auf die Nase.

Zu Beginn der Saison 2013/14 wurden Dennis Aogo und Tomas Rincón von Sportchef Oliver Kreuzer zunächst für das nächste Spiel suspendiert, nachdem sie trotz einer 1:5-Schlappe gegen Hoffenheim nach Mallorca geflogen waren. Dann ruderte Trainer Thorsten Fink zurück, stellte öffentlich eine Begnadigung in Aussicht. Im Endeffekt musste sich Fink dann aber unterordnen. Und unvergessen ist die Posse kurze Zeit später, als eine Begnadigung der vier zurückgestuften Profis Michael Mancienne, Slobodan Rajkovic, Gojko Kacar und Robert Tesche von Kreuzer zunächst kategorisch abgelehnt wurde („Wir machen uns unglaubwürdig“), dann aber doch vollzogen wurde.

Lasogga braucht mehr Zeit


Ähnlich wie damals den vier Aussortierten ist auch Ilicevic selbst wenig vorzuwerfen. In der Tat war er während seiner fast vier Jahre mehr verletzt als einsatzfähig, nur 46 Bundesligaspiele stehen zu Buche, die wenigsten über 90 Minuten. Doch dem achtfachen Internationalen einen Strick daraus zu ziehen, wäre unfair – offenbar ist sein Körper für den Profifußball schlichtweg nur bedingt geeignet.

Die HSV-Oberen betonen auch, dass sich der Flügelspieler einwandfrei verhalten hätte. „Ich bin fit. Warum ich aussortiert wurde, weiß ich bis heute nicht, der Trainer hat nicht einmal mit mir gesprochen“, hatte Ilicevic dem Abendblatt gesagt, während sich seine Kollegen in Dubai auf die Rückrunde vorbereiteten. Der HSV begründete die Ausbootung des Offensivspieler damals ebenfalls im Zickzack: zunächst mit einer Wadenverletzung, dann korrigierte der Verein diese Darstellung jedoch und stellte klar, dass Ilicevic keine Rolle mehr spielen und künftig auch nicht mehr dem Kader angehören werde.

Das könnte sich nun ändern. Nach dem Muskelfaserriss von Marcell Jansen ist die Position im linken Mittelfeld für das Gladbach-Spiel neu zu besetzen, Ilicevic ein Kandidat. Doch auch Mohamed Gouaida, Nicolai Müller, Petr Jiracek und Zoltan Stieber seien laut Zinnbauer Optionen für diese – wie der Coach betont – sehr schwere Aufgabe: „Marcell war zuletzt sehr effektiv und ist in dieser Form kaum zu ersetzen.“ Und überraschenderweise stellte Zinnbauer auch vier verletzten Profis einen Einsatz in Aussicht, deren Rückkehr Knäbel am Sonntag noch nahezu ausgeschlossen hatte: Dennis Diekmeier, Cléber, Pierre-Michel Lasogga und sogar Valon Behrami, dessen Genesung eigentlich für Mitte März vorgesehen war. „Stand jetzt werden alle im Laufe dieser Woche ins Mannschaftstraining zurückkehren, wie weit sie dann am Sonntag sind, müssen wir abwarten“, erklärte Zinnbauer. „Wir werden aber kein Risiko eingehen.“

Gerade im Fall Lasogga wollte der HSV eigentlich einen erneuten Rückschlag ausschließen, damit der Stürmer zumindest für das Saisonfinale mit vollen Kräften zur Verfügung steht. „Wir müssen ihm mehr Zeit geben“, hatte Knäbel noch am Sonntag eine sofortige Rückkehr ausgeschlossen. Doch manchmal geht so etwas ja schneller als gedacht – gerade beim HSV.