Eine Vision von Alexander Laux

Freitagskonferenz in einer Hamburger Sportredaktion. Hauptgesprächsthema? Das anstehende Nordderby, was sonst. Wie in jeder Fankneipe ist jene Phase der Prognosen und Mutmaßungen vor einem Bundesligaspiel angebrochen, in der Statistikwissen für anerkennendes Nicken in der Runde sorgt. „Fünf der vergangenen sechs Spiele hat der HSV gegen Bremen verloren“, doziert Kollege A, „gefühlt haben die Hamburger, angefangen von den Traumaspielen in der Europa League und im DFB-Pokal 2009, immer dann verloren, wenn es wirklich wichtig war.“ Zum Beispiel auch in der Saison 2013/14, als die beiden Niederlagen gegen Bremen den Beinahe-Absturz beschleunigten.

Dieser historisch bedingte, äußerst skeptische Ansatz wird sofort vom Kollegen B gekontert. Heute Morgen habe ihn eine befreiende Vision ereilt, berichtet er enthusiastisch. Ähnlich wie bei einer widerspenstigen Ketchup-Flasche, die, mehrfach geschüttelt, schließlich mit einem „Blubb“ eine Unmenge der zähflüssigen roten Soße auf den Teller entlässt, werde der HSV an diesem Wochenende seine Torflaute gegen Werder mit einem glorreichen 5:1-Sieg beenden. Wow, das ist mal eine Ansage.

Logisch, aus HSV-Sicht wäre es – frei nach Herbert Grönemeyer – höchste Zeit für solch einen Ketchup-Effekt. Ein Drei-Punkte-Erfolg wäre geradezu der perfekte Auftakt in die Spielperiode bis Weihnachten, in der sich entscheidet, ob der HSV ein ernsthafter Kandidat fürs gesicherte Mittelfeld ist oder sich schon wieder um einen Platz in der Zweiten Liga bewirbt. Den Kollegen sei an dieser Stelle aber gesagt, dass es, mixt man alle Zutaten dieser Begegnung zusammen, nur ein logisches Resultat geben kann: ein 0:0. Die unwahrscheinliche, aber auch mögliche Variante: Nach dem Führungstreffer für Werder durch Petersen endet die Partie nach einem Eigentor von Fritz 1:1.