Ein Gespräch mit dem Wolfsburger Ivica Olic über das Altern, Cola-Verzicht und seinen Ex-Club, auf den er Sonntag trifft

Hamburg/Wolfsburg. Wenn man Ivica Olics Kinder Luka, 13, Toni, 10, und Lara, 6, fragt, wie lange ihr 35 Jahre alter Papa noch Fußball spielen soll, bekommt man eine überraschende Antwort: bis zu seinem 40. Geburtstag. Mindestens. Vor dem Duell gegen Ex-Club HSV am Sonntag (15.30 Uhr) sprach das Abendblatt mit dem Wolfsburger über dessen biologische Uhr.

Hamburger Abendblatt:

Herr Olic, wir haben uns mal die Mühe gemacht und nachgerechnet, vor wie vielen Tagen Sie Ihr Bundesligadebüt gefeiert haben. Schätzen Sie mal ...

Ivica Olic:

(lacht) Ein paar Tage sind seitdem schon zusammengekommen. Ich weiß noch, dass wir mit Berlin gegen Bochum gespielt und 0:2 verloren haben. Ich habe vorne kaum Bälle bekommen und wurde nach der ersten Halbzeit ausgewechselt. Ich war dann ziemlich traurig, weil ich ja auch noch so jung war. Aber vor wie vielen Tagen das war, weiß ich nun wirklich nicht mehr.

Wir helfen Ihnen gerne: Im Übrigen war die Partie gegen Bochum schon Ihr zweites Spiel. Ihr Debüt in der Bundesliga feierten Sie sogar eine Woche zuvor im Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg. Der 3:0-Sieg ist am Sonntag, wenn Sie mit Wolfsburg Ihren Ex-Club HSV empfangen, genau 5849 Tage her.

Olic:

Oha, mit so einer Zahl hatte ich jetzt nicht gerechnet. Aber 16 Jahre sind eine lange Zeit.

Entschuldigen Sie die Frage, aber fühlen Sie sich eigentlich alt?

Olic:

Natürlich weiß ich, dass ich nicht mehr der Jüngste bin. Aber ganz ehrlich: Eigentlich fühle ich mich nicht wie ein 35-Jähriger, eher wie ein 25-Jähriger. Ich war längere Zeit nicht mehr schlimm verletzt, habe die ganze Vorbereitung mitgemacht und bin fit. Auch bei den Werten, die wir ja immer ermitteln, kann man nicht erkennen, dass ich schon 35 Jahre alt bin. Ich bin auch immer noch schnell.

Was ist Ihre Zeit auf 100 Metern?

Olic:

Das weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass ich definitiv noch schneller als manch ein Jungspund bin.

Was ist Ihr Geheimnis?

Olic:

Es gibt kein echtes Geheimnis, es ist eher ein Prozess. Eigentlich bin ich ja ein Spätstarter. Nachdem ich es bei Hertha leider nicht gepackt hatte, kam bei mir irgendwann die Einsicht, dass ich vielleicht mehr trainieren müsste. Besonders nach meinem Wechsel nach Russland habe ich dann angefangen, mehr zu machen. An Regenerationstraining habe ich damals aber noch nicht gedacht. Das kam erst später, so mit 30 Jahren, als ich die ersten Verletzungen hinter mir hatte.

Sie haben Ihren Körper nie so behutsam gepflegt wie man es beispielsweise von Miroslav Klose weiß, der ja auch noch im biblischen Alter auf Torejagd geht?

Olic:

Mit Miro habe ich bei den Bayern ja sogar zusammen gespielt. Ich weiß, dass er sich damals nicht mal ein Glas Wein gegönnt hat. Ich habe das aber nie ganz so streng genommen. Natürlich habe auch ich auf Fanta und Cola verzichtet. Aber das Siegerbierchen nach einem Erfolg habe ich mir nie nehmen lassen. Trotzdem habe ich immer auf mein Gewicht geachtet. Ich habe selbst in meinen Dreißigern nie zugenommen, konnte immer mein Idealgewicht halten.

Klose hat vor der WM gesagt, dass er morgens seine Knie und den Rücken spürt. Wie ist das bei Ihnen?

Olic:

Als ich einen Knorpelschaden hatte und lange am Knie verletzt war, hatte ich morgens natürlich auch immer Schmerzen. Aber das war dann irgendwann wieder vorbei. Ich weiß nicht genau warum, aber irgendwie fühle ich mich sogar besser als früher. Ich regeneriere schneller. Morgens stehe ich auf und denke mir: Puh, mir geht es ja noch immer richtig gut. Ich muss ziemlich großes Glück haben. Oder gute Gene.

Gelingt Ihnen denn irgendwas nicht mehr so wie es Ihnen möglicherweise vor 16 Jahren gelungen ist?

Olic:

Natürlich verliere ich auch mal ein Sprintduell, das ich früher bestimmt gewonnen hätte. Aber umgekehrt bin ich auch viel erfahrener und abgebrühter geworden. Der 35 Jahre alte Olic würde gegen den 19 Jahre alten Olic im Zweikampf ganz gut aussehen.

Ihre Offensivkollegen Maximilian Arnold oder Junior Malanda sind 15 Jahre jünger als Sie. Worüber unterhalten Sie sich mit den Bengels?

Olic:

(lacht) Wenn die beiden über Musik oder Playstation reden, dann merke ich wirklich, wie alt ich bin. Aber fußballerisch bin ich von den Jungs sehr beeindruckt. Sie sind viel weiter, als ich es in dem Alter war. Man merkt einfach, dass die jungen Spieler durch die Nachwuchsleistungszentren viel besser ausgebildet werden. Und ihnen wird auch das Vertrauen geschenkt. Nach meinem schlechten Spiel damals gegen Bochum habe ich für Hertha nie wieder eine Chance bekommen.

Hören die Jungen noch zu, wenn Sie von damals erzählen?

Olic:

Klar. Ich habe in meiner Karriere ja schon einiges erlebt und da sind die Jungen dann doch sehr aufmerksam. In den 16 Jahren seit meinem Debüt hat sich die Bundesliga ja extrem gewandelt. Die Youngster wollen schon wissen, wie es damals war.

Und? Wie war es?

Olic:

Langsamer. Das Spiel heute ist schneller und auch kraftbetonter. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass die Spieler im Allgemeinen heute jünger sind. Aber das hat auch Nachteile. Man muss früh funktionieren. Eine Karriere, wie ich sie hatte, dass man sich erst spät so richtig entwickelt, dürfte heute eine Seltenheit sein.

Stimmt es, dass der HSV vor zwei Jahren mit Ihnen über eine Rückkehr gesprochen hat, dass Sie dem HSV mit damals fast 33 Jahren aber zu alt waren?

Olic:

Das stimmt tatsächlich. Mein Berater Gordon Stipic hatte ein Gespräch mit dem damaligen Sportchef Frank Arnesen. Ich wäre damals gerne zum HSV zurückgekommen, meine Familie hat sich in Hamburg ja immer sehr wohl gefühlt. Ich war dem HSV damals aber zu alt, der Club wollte lieber auf junge Nachwuchsspieler setzen.

Ihr Vertrag läuft noch anderthalb Jahre. Was machen Sie mit fast 37 Jahren?

Olic:

Das ist ja glücklicherweise noch ein wenig hin. Ich werde das alles in Ruhe auf mich zukommen lassen. Denn das habe ich mit dem Alter gelernt ...