Nach langer Pause steht Beister vor der Rückkehr. Auch abseits des Platzes hat der HSV-Profi die Zeit genutzt

Hamburg. Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man fast über alles lachen. Der seit zehn Monaten verletzte Maximilian Beister kann zumindest schmunzeln, wenn er die Episode aus dem Sommer erzählt, die sinnbildlich für seine Lage war. So habe der damals in Gedanken versunkene HSV-Trainer Josef Zinnbauer, seinerzeit noch U23-Coach, ihn beim ersten Treffen in der Kabine zunächst gar nicht erkannt. „Und wer bist du?“, hatte Zinnbauer Beister gefragt, als dieser alte Kumpel in der Umkleide der U23 besucht hatte.

Natürlich kennt Zinnbauer den HSV-Profi. Doch nach dessen monatelanger Verletzungs- und Leidensphase war die Frage gar nicht mal so abwegig. „Ich habe nie den Glauben daran verloren, wieder zurückzukommen“, sagt Beister heute, „nur die Geduld hat mir hier und da gefehlt.“

Rückblick: In einem bedeutungslosen Testspiel gegen Vitesse Arnheim hatte sich Beister Anfang Januar im Trainingslager in Abu Dhabi so ziemlich alles gerissen, was im Knie reißen kann. Die Mediziner sprachen von einem Totalschaden.

Außenmeniskus: gerissen. Innenmeniskus: gerissen. Kreuzband: gerissen. Knorpel: geschädigt. Schlimmer geht’s nimmer, dachte Beister. Doch nach einem halben Jahr Strapazen wusste er, dass das nur der Anfang war. Erst war die Hoffnung zurück, dann kamen die Schmerzen zurück. Beister flog erneut nach Augsburg, wo er ein zweites Mal unter das Messer kam. „Ich bin gleich zwei Schweinehunden begegnet. Dem ersten direkt nach der Verletzung und dem zweiten nach dem Rückschlag und der zweiten Operation“, sagt der frühere U21-Nationalspieler. „Die erste Woche nach der zweiten Operation war am schlimmsten. Das war der Tiefpunkt.“

Maxi Beister, 24, sitzt in einer der Stadionlogen und schaut auf den Rasen, den er seit zehn Monaten nicht mehr betreten darf. „Nach dieser langen Zeit habe ich schon gemerkt, dass es ein harter Weg ist, wieder zurückzukommen“, sagt der Fußballer, der eigentlich nur einen Wunsch hat: das Fußballspielen.

Dass dieser Wunsch aber schon bald in Erfüllung geht, daran hat Beister keine Zweifel. Der HSV-Profi hat sich ein Handtuch über die Schultern geworfen. Eben noch hat er mit Rehatrainer Markus Günther Belastungstraining gemacht, gleich will er noch schnell in den Kraftraum. „Ich fühle mich wieder sicher im Knie“, sagt der ehrgeizige Fußballer, der für sein Comeback an die Grenzen der Belastbarkeit gegangen ist.

Direkt nach der ersten Operation hat Beister ein spezielles Rehaprogramm in den USA durchgezogen – auf eigene Kosten. Und nach der zweiten Operation ließ er sich im Sporttherapiezentrum Restle in der Nähe Düsseldorfs behandeln. Er habe einfach eine Luftveränderung gebraucht, sagt er, einen Neuanfang.

Dabei hat Beister in den vergangenen Monaten nicht nur sein Knie trainiert. Auch sein Kopf brauchte Abwechslung. Er habe angefangen, an die Karriere nach der Karriere zu denken. „Ich will auch andere Dinge kennenlernen“, sagt Beister, „ich will wissen, wie es neben dem Platz aussieht.“

Der Alles-oder-nichts-Fußballer nutzte seine unfreiwillige Auszeit und stürzte sich ganz freiwillig in drei Projekte. Zunächst gründete Beister mit Freunden eine kommerzielle Nachhilfeschule. Eine Filiale in Aachen, eine zweite in Eimsbüttel. „Es läuft richtig gut“, sagt der Jungunternehmer, der mit zehn Schülern zum Saisonanfang beim Spiel gegen Paderborn (0:3) im Stadion war. „Da konnten die Jungs mal sehen, was passiert, wenn man nicht in der Schule aufpasst.“ Beister lacht.

Auch Projekt Nummer zwei ist eine Herzensangelegenheit. Gemeinsam mit seinem ersten Jugendtrainer Hans-Otto Jurischka und vielen alten Freunden aus der Heimat gründete Beister den SC Lüneburg. „Ich fand es spannend, den Fußball von einer ganz anderen Seite kennenzulernen und etwas von Anfang an zu machen. Von klein auf“, erklärt der gebürtige Lüneburger, der als Dritter Vorsitzender des neu gegründeten Clubs Sponsoren und Kooperationen sucht. Auch beim UKE hat er bereits vorgesprochen, obwohl sein Club gerade mal in der zehnten Liga spielt. Beister hebt den Zeigefinger: „Immerhin sind wir bereits Tabellenführer.“

Erfolg will Beister auch mit seinem dritten Projekt haben. Noch will er nicht allzu viel verraten. Nur so viel: Es geht um ein Produkt, das er als Patent angemeldet hat. Was genau, will der umtriebige Sportler erst später mitteilen. Einen ganz großen Aufschlag will er haben, sagt er, und klingt dabei schon wie ein echter Marketingexperte.

Den großen Aufschlag auf dem Rasen plant Beister derweil für die Vorbereitung auf die Rückrunde im Januar. „Dann will ich wieder so richtig angreifen.“ Und spätestens dann soll auch Zinnbauer, mit dem er sich am Sonntag nach dem Spiel gegen Hoffenheim erstmals lange unterhalten hat, den neuen Beister so richtig kennenlernen.