Der HSV erkämpft sich gegen das Spitzenteam aus Hoffenheim ein leistungsgerechtes 1:1 – das Warten auf den nächsten Heimsieg dauert an

Hamburg. Es sind häufig nur ein paar Wörter, die aufzeigen, dass sich etwas geändert hat in Hamburg. „Es ist nicht einfach, hier zu bestehen, wir sind froh, gegen den HSV standgehalten zu haben“, sagte Hoffenheims Markus Gisdol nach dem 1:1. So urteilte der Trainer des (vor dem Spieltag) Tabellenzweiten nach einem Gastspiel beim Vorletzten.

Noch vor Wochen schien der HSV ein bundesweit nur noch bemitleideter oder belächelter Dino zu sein, der auf dem besten Weg schien, sich endgültig Richtung Zweite Liga zu verabschieden. Zwar gelang es am Sonntagnachmittag wieder nicht, den Heimfluch zu brechen – seit dem 4. April (2:1 gegen Leverkusen) dauert das Warten nun an –, und das Vorhaben schlug fehl, mit zwei Siegen in Folge eine Mini-Serie zu starten, doch der Trend der Hamburger zeigt eindeutig nach oben: „Die Mannschaft hat wieder einen Schritt nach vorne gemacht“, lobte Joe Zinnbauer.

Eine Aussage, die vor allem auf Pierre-Michel Lasogga zutraf. Nicht nur, dass es der Torjäger war, der in der 34. Minute nach toller Vorlage von Tolgay Arslan den Treffer zum Ausgleich erzielen konnte – es war sein zweiter Treffer nach dem 1:0 in Dortmund. Der bullige Stürmer kam nach einer für ihn persönlich mühsamen Anfangsphase immer besser ins Spiel und wollte in der zweiten Halbzeit den Sieg förmlich erzwingen. Aber unter anderem der Außenpfosten (66.) und die Latte (72.) waren im Weg. Die Großchance für Zoltan Stieber (83.) legte er ebenfalls stark auf.

Lasoggas persönliche Bilanz: ein Torschuss in Hälfte eins, sechs nach der Pause. „Er hat das richtig gut gemacht heute. Pierre war bei allen gefährlichen Aktionen dabei“, registrierte auch Valon Behrami. „Er ist viel überzeugender als vor ein paar Wochen.“ Das ist auch Zinnbauer aufgefallen: „In Topform ist er noch nicht ganz, aber auf dem besten Wege dorthin.“

Lasogga selbst hob den neuen Teamspirit hervor: „Seit München geht es stetig bergauf. Wir bekommen endlich Konstanz in unser Spiel. Man sieht, dass wir als Mannschaft alles für den Erfolg tun.“ Mehr und mehr würden die Spieler das System des Trainers verinnerlichen, so Lasogga. Und natürlich sei es „ein schönes Gefühl, als Stürmer ein paar Möglichkeiten zu haben“.

Dass Lasogga wie einige Mitspieler nach dem Abpfiff ein wenig damit haderte, nur einen Punkt geholt zu haben („Da war deutlich mehr drin“), war verständlich, unterm Strich musste es aber als Erfolg gewertet werden, dass der HSV in der Lage war, gegen ein so formstarkes Team bestanden zu haben.

Vor allem in der ersten Hälfte bekam Zinnbauers Team vorgeführt, wie moderner, blitzschneller Angriffsfußball aussehen kann. „Was die Offensive betrifft, war das bisher der stärkste Gegner“, staunte Heiko Westermann. Die Entstehung des 0:1 war deshalb kein Zufall. Nach einem Ballverlust von Lewis Holtby in zentraler Position genügte ein Steilpass von Pirmin Schwegler auf Anthony Modeste, um die unsortierte HSV-Defensive auszuhebeln (15.).

„Danach waren wir zehn Minuten doch arg verunsichert“, gab Rafael van der Vaart zu, der erstmals seit dem zweiten Spieltag wieder auf dem Feld gestanden und Marcell Jansen auf die Bank verdrängt hatte (Holtby rückte wie erwartet nach links). Während Hoffenheims Spielanlage durchdacht und reif wirkte, regierte beim HSV mehr das Prinzip Zufall. Dass van der Vaart nach der langen Pause noch reichlich Wettkampfpraxis fehlt, registrierten nicht nur die Zuschauer. „Es war gut, dass Rafa wieder da ist, aber beim ihm ist noch Luft nach oben“, sinnierte Arslan.

Bemerkenswert, wie der HSV zurück in die Partie fand, nachdem Jaroslav Drobny das sichere 1:2 kurz vor der Pause gegen Tarik Elyounoussi verhindern konnte (45.). Vor allem, weil schon nach 30 Minuten Dennis Diekmeier mit einer Oberschenkelprellung vom Platz humpelte und durch Ashton Götz ersetzt werden musste.

Der 21-Jährige aus der U23-Auswahl, der bereits beim 0:1 in Mönchengladbach einige Sekunden Bundesligaerfahrung sammeln durfte, spielte aber unbekümmert auf und steht für die neue Durchlässigkeit zwischen Nachwuchs und Profis. . „Er hat das sehr gut gemacht, viele Fehler habe ich nicht gesehen“, freute sich Zinnbauer, dem gelungen ist, einen Mentalitätswechsel herbeizuführen. „Früher wollten wir vor allem erst Fußball spielen“, erklärte Arslan. „Jetzt laufen und kämpfen wir – und dann kommt der Fußball.“

Die Gelegenheit, mehr Ertrag aus dem hohen Aufwand zu ziehen, hat der HSV am Sonnabend, wenn Lasogga erstmals zu seinem Ex-Club zurückkehrt. „Ich freue mich auf meine Rückkehr nach Berlin. Ich hatte eine wunderschöne Zeit dort. Die Hertha hat gerade einen Negativtrend, bei uns geht es aufwärts. Mal schauen, was da geht.“