Der neue Trainer hat die U23 an die Regionalligaspitze geführt

Hamburg. Nach dem Erfolg bei Werder Bremen II tat Josef Zinnbauer etwas Ungewöhnliches: Er gab dem Regionalliga-Nachwuchs des HSV zwei Tage frei. „Das mache ich selten, doch die Jungs haben es sich verdient“, sagte der Cheftrainer. Seine Mannschaft nutzte die frühe Überzahl vor 1651 Fans im Nordderby – Werders Patrick Mainka sah wegen groben Foulspiels die Rote Karte (16.) – und siegte durch die Tore von Ahmet Arslan (7., 43.), Tolcay Cigerci (65.) und Dominik Masek (81.) bei Gegentreffern von Levent Aycicek (51.) und Max Wegner (73.) mit 4:2. Damit übertrumpfte der HSV-Nachwuchs den historischen Startrekord der Bremer U23 in der Regionalliga Nord, die vor zwei Jahren mit sechs Siegen hintereinander gestartet war. Der Erfolg beim amtierenden Vizemeister bedeutete für die U23 des HSV nun den siebten Sieg im siebten Spiel seit Saisonbeginn.

Alle Begegnungen in der Regionalliga Nord gewann der HSV II mindestens mit zwei Toren Vorsprung – ein weiteres Zeichen für die gelungene Teamentwicklung. Mit Dominik Jordan, Christian Derflinger, Gideon Jung, Sven Mende, Tolcay Cigerci und Philipp Müller setzte HSV-Trainer Mirko Slomka sechs Akteure Zinnbauers im Testspiel in Neumünster (3:0) ein. Bis auf Müller standen 24 Stunden später alle im Regionalligaspiel in Bremen wieder auf dem Platz. Dieser unermüdliche Wille gefällt Zinnbauer, der eine Abmachung mit seinen Spielern hat: „Sie können mich und mein positiv beklopptes Trainerteam um 2 Uhr nachts anrufen, wenn sie Probleme haben. Dafür müssen sie bereit sein, um 2 Uhr nachts zu trainieren, wenn ich anrufe.“

Josef Zinnbauer erwartet von seinen Spielern Engagement rund um die Uhr

Dieser Deal sagt viel aus über den 44 Jahre alten Bayern, dessen Einstellung ein Schachzug des vor Saisonbeginn entlassenen Sportchefs Oliver Kreuzer war. „Er plant alles bis ins letzte Detail. Sein Motto lautet: Nichts ist unmöglich. Am liebsten möchte er alle Sachen vorgestern erledigt haben. Die Zusammenarbeit macht Riesenspaß“, erklärt Zinnbauers Co-Trainer Soner Uysal. „Ich nerve alle mit meinen Vorstellungen, bis sie mich nicht mehr hören können und sie umsetzen“, bestätigt Zinnbauer schmunzelnd.

Seinen Auftrag als Ausbildungstrainer behält er dabei immer im Blick. Als Spieler, Assistent und U23-Trainer lernte er von Männern wie Wolfgang Frank, Uwe Rapolder und Markus Kauczinski, die selbst als Ausbildungstrainer gelten. „Ich sage meinen Jungs, dass sie nur zwei, drei Jahre haben, um Profi zu werden. Also müssen sie rund um die Uhr etwas dafür tun“, so Zinnbauer. Zeit fürs Feiern bliebe jungen Talenten im Leben immer noch genug, wenn sie trotz aller Anstrengungen die angestrebte Profikarriere verfehlten. Sieben bis acht Einheiten pro Woche sind daher die Regel bei dem Mann, der Klartext und das schnelle, dominante Kurzpassspiel liebt und dessen 14 Neuzugänge reihenweise einschlugen.

Das beste Beispiel für die Wandlung des HSV II sind jedoch nicht überragende Transfers wie Dongsu Kim, Sven Mende oder Ahmet Arslan, sondern es ist ein alter Bekannter: Ronny Marcos. Nach einem schwachen Halbjahr unter Rodolfo Cardoso erhielt der Linksverteidiger aus Mosambik nun wieder eine Einladung zur Nationalelf. „Ich habe auf Videoanalysen gesehen, was er falsch gemacht hat. Aber ich habe auch seine Stärken gesehen: Offensivdrang, Schnelligkeit, Technik und brutale Kondition. Es freut mich für ihn, dass er sein Können nun abruft“, sagt Zinnbauer.

Allen Träumen von einem Aufstieg in die Dritte Liga schiebt der Trainer dafür weiter einen Riegel vor. „Rückschläge werden kommen. Wir werden die Regionalliga Nord nicht gewinnen.“ Doch wenn einige Spieler dieser furios aufspielenden U23 bald die Sehnsucht der HSV-Verantwortlichen nach selbst entwickelten Talenten in der Bundesligamannschaft stillen, hätte Josef Zinnbauer seinen Auftrag schon im ersten Jahr erfüllt.