Der Neuzugang des HSV geht bei seinem ersten Training gleich voran. Trainer Slomka stellt Torwart Adler infrage

Hamburg. Er sei „nicht schüchtern“, wolle „vorangehen“ und trotz seiner erst 23 Jahre „Führung übernehmen“. Das sagte HSV-Neuzugang Lewis Holtby nicht nur bei seiner offiziellen Vorstellung am Dienstag, er zeigte es auch gleich auf dem Trainingsplatz: Aktiv forderte er während seiner ersten Einheit die Bälle und gab Kommandos an seine Mitspieler, denen er erst kurz zuvor vorgestellt worden war. „Ich kann mich schnell akklimatisieren und fühle mich sofort zu Hause, gerade hier in Hamburg, wo mich alle toll aufgenommen haben. Einige meiner Mitspieler kannte ich ja schon aus der U21-Nationalmannschaft“, erklärte der Mittelfeldmann. Der HSV ist immerhin schon Holtbys siebter Profiverein in seiner noch jungen Karriere, da kann Anpassungsfähigkeit nicht schaden.

Führungsspieler kann der HSV zweifelsfrei gut gebrauchen – doch einer der Vorwürfe, die bei Holtbys vorherigen Stationen Tottenham und Fulham in England aufkamen, bezog sich genau auf das Gegenteil: Wenn es in einer Mannschaft nicht gut läuft, ginge auch der dreimalige Nationalspieler mit unter. Holtby selbst wollte sich zu den Gründen, warum er auf der Insel so wenig Spielzeit bekommen hatte, nicht äußern, verbuchte die 18 Monate für sich selbst aber trotzdem als Gewinn. „Ich wollte mir meinen Traum der Premier League erfüllen, eine andere Mentalität kennenlernen. Die Zeit war für das Erwachsenwerden enorm wichtig und hat mich auch fußballerisch weitergebracht. Schließlich hast du dich in jedem Training mit Top-Stars messen können.“

Die Konkurrenz ist nach der Verpflichtung von insgesamt acht neuen Profis auch beim HSV größer geworden, dennoch soll Holtby im System von Trainer Mirko Slomka eine zentrale Rolle einnehmen. Zusammen mit Rafael van der Vaart, der mit Wadenproblemen auch am Dienstag noch ausfiel und sich nur behandeln ließ, könnte er aus der Mitte für die dringend benötigten spielerischen Akzente sorgen. „Ich sehe mich eher als zentralen Mittelfeldspieler denn als Außen“, unterstrich Holtby seine Ambitionen, der das „Passspiel im letzten Drittel“ als eine seiner Stärken hervorhob.

Slomka hatte den Konkurrenzkampf mit seiner Aussage in der „Bild“ am Dienstag zusätzlich geschürt. „Alle Spieler werden jetzt massiv auf den Prüfstand gestellt“, sagte er dem Blatt und bezog auch den bisher gesetzten Torwart René Adler mit ein. „Ich brauche Leute, die eine Ausstrahlung haben und dem Abwehrspieler auch mal sagen: Reiß dich am Riemen. Das können beide Torhüter, und somit können auch beide in Hannover spielen. Wer es am Ende wird, sehen wir dann kurz vor dem Anpfiff.“

Für Holtby wird es wohl nebensächlich sein, wer nach der Länderspielpause in Hannover den Kasten hütet. Er glaubt an die Qualität des Kaders, will aber keine großen Ansagen machen, sondern „demütig“ an seine neue Aufgabe herangehen. „Wer weiß, was in einem Jahr ist – ich beschäftige mich lieber mit dem Hier und Jetzt. Es gab viele Optionen für mich, doch ich habe mich für Hamburg entschieden – denn ich habe richtig Bock auf den HSV.“