Junge Spieler haben es beim HSV traditionell schwer. Doch das soll sich jetzt unter Talente-Boss Peters ändern. Es ist dringend nötig

Abgesehen davon, dass der HSV nun schon den x-ten Versuch startet, seine Nachwuchsabteilung neu und endlich auf Erfolg zu strukturieren: Die Umsetzung dieses Vorhabens wirkt auf Anhieb tatsächlich auch ein wenig professioneller. Und das liegt nicht nur an der Vielzahl der neuen und alten Mitarbeiter, die sich ab sofort um die Fußball-Talente verdient machen sollen: Patrick Rahmen, Stefan Wächter, Sebastian Schmidt, Rodolfo Cardoso, Dr. Dieter Gudelt und Carsten Schünemann versuchen nun unter der Leitung von Bernhard Peters, alles besser zu machen als ihre vielen Vorgänger.

Das, was in den vergangenen Jahrzehnten vom HSV geplant und voller Hoffnungen auf den Weg gebracht wurde, mutet im Nachhinein nicht nur amateurhaft an, das war es auch. Oftmals wurde ein Mann verpflichtet, der allein im HSV-Nachwuchs-Leistungszentrum Ochsenzoll Wunder vollbringen sollte und damit hoffnungslos überfordert war. In den 80er-Jahren beispielsweise wurde für einen Jugendtrainer namens Dieter Kurz, der mit der A-Jugend des VfB Stuttgart deutscher Meister geworden war, in Hamburg der rote Teppich ausgerollt – doch der Schwabe scheiterte hier, trotz bester Ansätze, mehr oder weniger kläglich.

In der jüngeren Vergangenheit versuchten sich Herren wie Stefan Hildebrandt (gleich zweimal!), der ehemalige Profi Stefan Böger, Ex-Nationalspieler Jens Todt, der Schweizer Paul Meier (der am Wochenende stets in seiner Heimat weilte!), der frühere HSV-Kapitän Bastian Reinhardt und der ehemalige HSV-Abwehrspieler Michael Schröder als Nachwuchs-Chefs, alle ohne den gewünschten und erhofften Erfolg. „Geldvernichtungs-Maschine“ nannte der damalige HSV-Boss Bernd Hoffmann das „Unternehmen Ochsenzoll“. Es fanden zwar immer wieder einige wenige Talente den Weg zu den Profis, wie einst Hasan Salihamidzic und Collin Benjamin, später etwa Tunay Torun, Muhamed Besic, Änis Ben-Hatira, Eric-Maxim Choupo-Moting und Heung-Min Son, doch eine gewisse Nachhaltigkeit stellte sich bis heute nicht ein.

Junge Leute hatten und haben es in Hamburg traditionell schwer. Motto: „Dem HSV-Nachwuchs keine Chance.“ Jetzt könnte eines der größten Talente, Innenverteidiger Jonathan Tah, verliehen werden. Schade. Zum Glück nur ein Leihgeschäft, doch irgendwann sollte auch in Hamburg damit begonnen werden, mit dem Nachwuchs professionell umzugehen.

„Wir werden in allen Bereichen analysieren, das ist ein Prozess, der länger dauern wird“, hatte der HSV-Nachwuchs-Chef Peters bei seinem Amtsantritt gesagt. Eine Ankündigung, die so auch schon von allen seinen Vorgängern zu vernehmen war. Und dennoch hat sich nie etwas geändert. Im Gegenteil, das vielleicht größte HSV-Talent der vergangenen Jahre, Levin Öztunali (Enkel von Uwe Seeler), der in diesem Sommer mit der deutschen U20 Europameister geworden ist, durfte ohne großen Kampf zu Bayer Leverkusen wechseln. Eine krasse Niederlage und der vielleicht größte Dämpfer für die Nachwuchsarbeit des HSV.

Der soll nun, geht es nach den maßgeblichen und extra dafür „eingekauften“ Herren, künftig mit seinen Talenten „so wie der FC Barcelona“ verfahren. Ziemlich hoch gegriffen, aber immerhin ein Ziel. Früher wollte sich der HSV auch schon an der vorbildlichen Talenteschmiede von Ajax Amsterdam orientieren. Wollte. Geworden ist daraus nie etwas, es gab nur Bauchlandungen. Verbunden mit der steten Bitte um mehr Geduld. Das weiß auch HSV-Chef Dietmar Beiersdorfer, der kürzlich desillusioniert feststellte: „Wir haben die Wettbewerbsfähigkeit zu anderen Clubs verloren.“ Wie wahr.

Im gesamten deutschen Nachwuchsbereich ist der FC Bayern – wie auf allen Gebieten – die Nummer eins und absolut vorbildlich. In den Champions-League-Spielen 2010/11 kamen zum Beispiel neun Spieler zum Einsatz, die auch die FCB-Jugend schon durchlaufen hatten. Das wäre doch auch mal ein Ziel für den HSV. Und damit ist nicht die Champions League gemeint. Noch nicht.