Auch der KSC darf sich möglicherweise auf 50.000 Euro Prämie aus Hamburg freuen. In Cottbus fällt Neuzugang Nicolai Müller allerdings aus

Hamburg. Viel gab es am Sonntagmittag für die zehn Trainingsbesucher im Volkspark nicht zu sehen. Gerade mal 45 Minuten lang bat Trainer Mirko Slomka seine Spieler hinter dem weißen Sichtschutz zum geheimen Abschlusstraining vor dem ersten Pflichtspiel der Saison. Ein bisschen Kreisspiel, ein kleines Spielchen mit drei Mannschaften und schließlich noch ein kurzes Schusstraining. Das war’s. „Ich habe ein gutes Bauchgefühl. Ich will jetzt endlich starten“, sagte der Coach, der sich nach der wahrscheinlich längsten Sommervorbereitung der Vereinsgeschichte und unmittelbar vor dem Betriebsausflug in den wilden Osten keine Illusionen über die Erwartungshaltung in Hamburg machte. Ohne Wenn und Aber: Der HSV muss an diesem Montag (ab 18 Uhr/live auf Sky und im Liveticker bei abendblatt.de) Runde zwei des DFB-Pokals erreichen.

Ausrüster Adidas zahlte dem HSV nur einen Vorschuss, kein Signing Fee

Ein Sieg gegen Zweitligaabsteiger Energie Cottbus ist natürlich fest eingeplant – aus sportlichen, aber vor allem auch aus finanziellen Gründen. Nach 140.000 Euro für die erste Pokalrunde erhält der Sieger in Runde zwei garantierte 268.000 Euro. Kurios würde es aus Hamburger Sicht beim Erreichen der dritten Runde werden. Denn sowohl in diesem als auch im kommenden Jahr müsste der HSV im Erfolgsfall 50.000 Euro an den Karlsruher SC zahlen. Dies wurde beim Wechsel des vor Wochen geschassten Ex-Sportchefs Oliver Kreuzer, der vor einem Jahr für 650.000 Euro (400.000 Euro Direktablöse, 200.000 Euro garantierte Einnahmen aus einem Freundschaftsspiel, das nur 2000 Zuschauer sehen wollten, sowie 50.000 Euro von Kreuzer) vom KSC kam, vertraglich so vereinbart. Und obwohl Kreuzer längst nicht mehr beim HSV arbeitet, müsste der Club sogar beim eher unwahrscheinlichen Erreichen der Europa League eine fünfstellige Prämie nach Karlsruhe überweisen.

Nach vier Spielzeiten in Folge mit einem kräftigen Millionenminus bleiben die Clubfinanzen trotz der Ausgliederung vor der 52. Bundesliga-Spielzeit ein großes Thema. Selbst mit den Einnahmen aus dem Verkauf von Hakan Calhangolu (14,5 Millionen Euro von Bayer Leverkusen) und den Kühne-Millionen, die der HSV mit vier Prozent Zinsen zurückzahlen muss (das Abendblatt berichtete), können sich die Hamburger keine großen Sprünge mehr erlauben. Ein Grund hierfür ist auch die falsche Vermutung, dass Ausrüster Adidas dem HSV vor der Vertragsverlängerung bis 2024 ein Signing Fee von sechs Millionen Euro gezahlt hätte. Tatsächlich hat der Sportartikelriese dem in finanzieller Schieflage befindlichen Club lediglich mit einem Vorgriff auf in Zukunft zu zahlende Gelder ausgeholfen. Nur so konnte ein finanzieller Kollaps im Sommer verhindert werden.

Einen sportlichen Kollaps befürchten in dieser Spielzeit dagegen nur wenige. Trotz des Abgangs von Calhanoglu wurde des HSV durch die Neuzugänge Pierre-Michel Lasogga (8,5 Millionen Euro/Hertha), Nicolai Müller (4,5 Millionen Euro/Mainz), Valon Behrami (3,5 Millionen Euro/Neapel), Johan Djourou (2,8 Millionen Euro/Arsenal), Matthias Ostrzolek (2,4 Millionen Euro/Augsburg) und Zoltan Stieber (1,3 Millionen Euro/Fürth) in die Breite und in der Spitze verstärkt. Zu gerne hätte Trainer Slomka in Cottbus auch mindestens fünf der sechs Neuen aufgeboten. Allerdings fällt nach Stieber (Fußprellung) sicher auch Müller mit Adduktorenproblemen aus, Lasoggas Einsatz von Anfang an ist nach seiner langen Pause nach seiner Sprunggelenksverletzung zumindest fraglich.

Dabei sah es schon sehr ordentlich aus, was der junge Bursche im Lasogga-Trikot bereits vor dem Training mit dem Ball anstellte. Mit Fitnesstrainer Nikola Vidovic übte der Fußballer auf dem Kunstrasenplatz Torschüsse und Ballannahme, schoss den Ball wahlweise rechts und links in den Winkel. Das Problem an der Sache: der junge Kerl im Lasogga-Trikot war lediglich ein ungefähr 13 Jahre alter Trainingszuschauer. Wobei auch der eigentliche Besitzer des Trikots, Pierre-Michel, wenig später keinen schlechten Eindruck machte. Zumindest ein etwas kürzerer Einsatz sollte eine Woche vor dem Bundesligastart gegen den 1. FC Köln möglich sein.

Bereits festgelegt scheint sich Slomka bei der Besetzung der linken und rechten Seite zu haben. So deutet links alles auf Neuzugang Ostrzolek (defensiv) und Marcell Jansen (offensiv) hin, rechts dürfte vor dem gesetzten Dennis Diekmeier Ivo Ilicevic als Müller- und Stieber-Ersatz von Beginn an auflaufen. Mit keinen Überraschungen ist bei den weiteren Positionen zu rechnen: Vor Torhüter René Adler verteidigen Djourou und Heiko Westermann, davor räumen Behrami und Badelj, der ein Angebot aus Sevilla haben soll, ab. Im Mittelfeldzentrum ebenso gesetzt ist Kapitän Rafael van der Vaart.

„Taktisch und technisch ist Energie gut ausgebildet, da fehlen nur ein paar Prozentpunkte zu einem Bundesligisten“, warnte Slomka zwar vor der Abreise, ergänzte dann aber sehr selbstbewusst: „Diese paar Prozent mehr haben wir und müssen wir abrufen.“