Der Mainzer Offensivspieler soll die Kreativlücke im Kader des Bundesliga-Dinos schließen.

Hamburg. Er passt voll ins Anforderungsprofil für potenzielle Neuzugänge des HSV: schnell, trickreich, offensiv flexibel einsetzbar und in der Bundesliga bereits etabliert. Nicolai Müller, derzeit in Diensten des FSV Mainz 05, steht nach Abendblatt-Informationen in Hamburg hoch im Kurs. Nach dem Verkauf von Hakan Calhanoglu klafft gerade im kreativen Bereich eine große Lücke, die der 26-Jährige sinnvoll schließen könnte. Müllers Marktwert wird auf sieben Millionen Euro taxiert, da sein Vertrag aber bereits nächsten Sommer ausläuft, sollte der HSV für rund fünf Millionen den Zuschlag bekommen können.

Vor allem Trainer Mirko Slomka wäre wohl begeistert, könnte er Müller in seinen Reihen haben. Der zweifache Nationalspieler wäre durch seine Explosivität perfekt geeignet, um nach einem Ballgewinn schnell von Defensive auf Offensive umzuschalten. Innerhalb von zehn Sekunden will Slomka einen Angriff zum Abschluss gebracht sehen, da dies die Zeitspanne sei, die eine Abwehr benötige, um sich neu zu sortieren. Mit dieser Methode hat es der Coach schon bei Hannover 96 weit gebracht.

Neun Tore hatte der Mainzer, der aus Unterfranken stammt, in der vergangenen Saison erzielt. Drei Vorlagen rundeten eine gute Saison ab, die sensationell begann und unschön für den Offensivmann endete: Müller musste sich einer Arthroskopie am rechten Knie unterziehen. Bei der Operation wurde ein leichter Einriss im Außenmeniskus behoben. Doch bleibende Schäden hat er nicht davongetragen, die Vorbereitung konnte der Profi ohne Probleme angehen.

Die Mainzer scheinen sich mit dem Abgang Müllers abgefunden zu haben, denn Ersatz wurde bereits verpflichtet: Der serbische Nationalspieler Filip Djuricic vom portugiesischen Meister Benfica Lissabon verstärkt die Rheinhessen auf Leihbasis. Der 22-Jährige ist genau wie Müller in der Offensive auf nahezu jeder Position einsetzbar.

Aber fünf Millionen Euro Ablöse? Bei dieser Summe bleibt der interessierte HSV-Leser sofort hängen, ist dies doch ein Betrag, den der Verein derzeit angesichts der leeren Clubkasse überhaupt nicht stemmen könnte. So war die öffentliche Wahrnehmung zuletzt. Nach dem HSV-Führungsgipfel am Dienstagabend stellte der AG-Aufsichtsratsvorsitzende Karl Gernandt gegenüber dem Abendblatt jedoch klar: „Es ist falsch, dass wir handlungsunfähig sind.“ Und weiter: „Wir schauen uns zum jetzigen Zeitpunkt eine Menge personelle Optionen unter sportlichen Gesichtspunkten an, die wir jeweils auch für finanzierbar halten.“

Zahlen über das geplante Budget wollte der Aufsichtsratssprecher aus rechtlichen Gründen nicht nennen. Eine Informationspflicht hat das Gremium auch nur gegenüber der Hauptversammlung, die (ohne künftige Anteilseigner der AG) derzeit identisch mit dem Präsidium des e.V. ist. Klar ist aber, dass ohne frisches Geld von Investoren wie Klaus-Michael Kühne der Handlungsspielraum gering wäre. Da ein Anteilsverkauf aber noch nicht möglich ist, weil vor einer Kapitalerhöhung erst der Wert des HSV festgestellt werden müsste, ist der Vorstandsvorsitzende Dietmar Beiersdorfer wohl auf Zwischen-Darlehen angewiesen, um Ablösen wie für Müller zahlen zu können.

Offensichtlich, deutet man die Aussagen Gernandts richtig, ist der HSV dabei auf einem guten Weg. Dass die gewünschte Budget-Reduzierung von derzeit 44 Millionen Euro auf rund 38 Millionen Euro nur durch einige Spielerverkäufe bis zum Transferende am 31. August realisierbar wäre, ist logisch, zugleich aber die zweite große Herausforderung für Beiersdorfer. Mittelfeldspieler Milan Badelj stand offenbar schon kurz vor einem Wechsel zum FC Sevilla. Trainer Unai Emery gab in einem Interview zu, dass sein Club ihn gern verpflichtet hätte, sie sich aber finanziell nicht hätten einigen können.

Beim ersten ernst zu nehmenden Test gegen den VfL Wolfsburg am Sonnabend (18.30 Uhr) im Zuge des Telekom Cups muss Slomka aller Voraussicht nach auf weitere Neuzugänge noch verzichten. Dennoch glaubt er auch gegen den vermeintlich favorisierten Gegner an eine gute Chance: „Wir haben zwar ein wenig schwere Beine, und die Spritzigkeit fehlt auch noch, aber das ist normal in dieser Phase der Vorbereitung“, erklärt Slomka, der sich sicher ist, dass sein Team gegen einen Bundesliga-Konkurrenten konzentrierter in der Defensive stehen wird, die in der bisherigen Vorbereitung nicht immer sattelfest war. „Zu diesem Zeitpunkt bringen uns Tests gegen unterklassige Mannschaften jedenfalls nicht mehr weiter.“