Nottingham Forest zahlt für den HSV-Verteidiger bis zu 1,9 Millionen Euro Ablöse

Hamburg. Wie gut für den HSV, dass sich Stuart Pearce noch gerne an Michael Mancienne erinnert hat. Sie haben ja schließlich einiges zusammen erlebt, der Abwehrspieler und der Trainer. Damals, in der englischen U21-Auswahl, über zwei Jahre lang. Der Coach hielt so große Stücke auf Mancienne, dass er ihn 2011 sogar zum Kapitän des Junioren-Auswahlteams machte – nun hat er ihn wieder zu sich geholt, zu Nottingham Forest.

„Nach Hause, für eine Woche“ twitterte Mancienne am Freitag nach dem Ende der China-Reise mit dem HSV. Zurück auf die Insel, zu Freunden und Verwandten. Und zu Stuart Pearce offensichtlich. Der 52 Jahre alte Ex-Nationalspieler ist seit diesem Sommer als Chefcoach in Nottingham in der Zweiten englischen Liga (Football League Championship) tätig. Seit 1999 gehört der Verein, der 1980 den HSV im Europacup-Finale der Landesmeister 1:0 schlug, nicht mehr der Premier League an. Das soll sich nun ändern. Die kuwaitische Al-Hasawi-Familie, seit 2012 Besitzer des Clubs, will investieren.

Bis zu 1,9 Millionen Euro Ablöse inklusive Prämien waren die „Reds“ deshalb nach Auskunft von Berater Andy Niedzwiecki bereit, für Mancienne auszugeben. Am Mittwochabend meldete Forest den Zugang als perfekt, Mancienne erhielt einen Dreijahresvertrag. Von wegen „eine Woche“.

Der HSV kommt damit seinem Ziel näher, den Spieleretat von 42 Millionen Euro auf 38 zu drücken. Rund zwei Millionen Euro im Jahr hat der 26 Jahre alte Mancienne verdient, in einer Liste des US-Sportsenders ESPN von 2011 galt er damit als bestbezahlter Profiathlet der Seychellen. Von dort waren seine Eltern ausgewandert.

Im Sommer 2011 war Mancienne vom FC Chelsea für 2,5 Millionen Euro Ablöse gekommen. Der neue Sportdirektor Frank Arnesen hatte ihn von seinem ehemaligen Londoner Club mit an die Elbe gebracht. Nach Jacopo Sala, Jeffrey Bruma und Gökhan Töre ist Mancienne nun der Vorletzte aus dieser „Arnesen-Combo“, der den HSV verlässt, 14 Monate nach dem dänischen Sportchef. Nur Slobodan Rajkovic ist noch da, soll aber bei Lazio Rom im Gespräch sein.

49 Bundesligaspiele, vier Pokal- und zwei nervenaufreibende Relegationspartien hat Mancienne absolviert. Zum großen Durchbruch hat es nie gereicht. Charakterlich allerdings konnte niemand dem Londoner etwas vorwerfen, auch seine Verbannung unter den Trainern Thorsten Fink und Bert van Marwijk „schluckte“ er ohne Klage.

Sein Abgang kommt für den HSV zur richtigen Zeit. Es gibt ohnehin ein Überangebot an Innenverteidigern, und Manciennes HSV-Vertrag wäre 2015 ausgelaufen. Nur in diesem Jahr war deshalb überhaupt noch eine Ablöse zu erzielen. Das gilt auch für Jaroslav Drobny, Heiko Westermann, Marcell Jansen, Rafael van der Vaart, Per Cilian Skjelbred, Gojko Kacar, Ivo Ilicevic, Slobodan Rajkovic, Milan Badelj und Tolgay Arslan. Sie alle stehen bei entsprechenden Angeboten zur Disposition.

25 Spieler groß ist der Kader derzeit, Trainer Mirko Slomka wünscht sich nach Rücksprache mit Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer allerdings noch Verstärkungen: „Wir sind uns einig, dass wir in der Defensive, im zentralen Bereich und auch vorne etwas machen müssen.“ Linksverteidiger Matthias Ostrzolek ist fest beim HSV an der Angel, die Verhandlungen mit dem FC Augsburg stocken aber weiterhin.

In den einzelnen Mannschaftsteilen stellt sich die Personalsituation beim HSV folgendermaßen dar:

Tor: Drobny soll als hochkarätiger Ersatzmann des zuletzt verletzten René Adler bleiben. Alexander Brunst soll genau wie Johannes Kreidl ans Profiniveau herangeführt werden.

Abwehr: In der Innenverteidigung gibt es mit Johan Djourou, Westermann, dem noch verletzten Rajkovic und Jonathan Tah einen Spieler zu viel, wenn der angestrebte Neuzugang verpflichtet werden kann. Auf der rechten Außenbahn ist Dennis Diekmeier konkurrenzlos. Der linke Außenverteidiger Jansen hat eine Ausstiegsklausel für fünf Millionen Euro, doch ein Angebot in dieser Höhe gilt als unwahrscheinlich.

Defensives Mittelfeld: Mit Badelj, Kacar (war verliehen), Hertha-Rückkehrer Skjelbred, Arslan, Petr Jiracek sowie den Talenten Kerem Demirbay und Matti Steinmann konkurrieren gleich sechs Profis um die Plätze im defensiven Mittelfeld. Dazu steht die Aussage von Beiersdorfer, dass der HSV noch einen Hochkaräter für diese zentrale Position verpflichten will. Angesichts dieses personellen Überangebots gilt bis auf Demirbay und Steinmann keiner als unverkäuflich. Gideon Jung (kam aus Oberhausen) soll zunächst beim Nachwuchs eingesetzt werden.

Offensives Mittelfeld: Dass sich Klaus-Michael Kühne eine „fußballerische Scheidung“ zwischen dem HSV und seinem einstigen Liebling Rafael van der Vaart wünscht, machte der HSV-Gönner kürzlich im Abendblatt-Interview deutlich: „Ich fände es gut, wenn er versuchen würde, an neuer Wirkungsstätte an alte Zeiten anzuknüpfen.“ Der vor zwei Jahren für 14 Millionen Euro verpflichtete Niederländer hat augenscheinlich jedoch wenig Lust, sich zum Beispiel in Richtung Türkei zu verabschieden. Eine Alternative im zentral-offensiven Bereich wäre Skjelbred.

Auf den Außenpositionen klafft nach dem Abgang von Hakan Calhanoglu eine Qualitätslücke. Ilicevics Konstante ist seine Verletzungsanfälligkeit, Zoltán Stieber muss sich in der Ersten Liga erst noch beweisen, Maximilian Beister wird nach seiner Knieverletzung erst im Laufe der Hinrunde wieder spielfähig sein. Zwar können auch Petr Jiracek und Jacques Zoua über die Seite kommen, ihre größte Stärke ist das jedoch nicht.

Angriff: Mit der Verpflichtung von Pierre-Michel Lasogga gelang dem HSV ein wichtiger Coup. Als Ersatz für den verletzungsanfälligen Berliner stünden Artjoms Rudnevs (kam aus Hannover zurück) und Zoua bereit.