Bernhard Peters ist künftig vor allem für den Nachwuchs verantwortlich. In Hoffenheim bewies sich Peters bereits als ausgewiesener Experte. Dem HSV will er nun zu ähnlichen Erfolgen verhelfen.

Hamburg. Das hatte sich angedeutet: Der ehemalige Hockey-Bundestrainer Bernhard Peters hat beim HSV einen langfristigen Kontrakt unterschrieben und wird ab dem 1. August den Posten Direktor Sport übernehmen. In seiner Funktion soll der 54-Jährige bei den Hamburgern inhaltlich allerdings nicht in die Fußstapfen des nur einen Tag zuvor entlassenen Sportchefs Oliver Kreuzer treten, sondern ein umfassendes Förderkonzept von der Jugend bis zur Profiebene entwickeln und konzeptionell gestalten. Auch eine Verbesserung der Infrastruktur um die Mannschaften herum wie Leistungsdiagnostik und medizinische Betreuung fällt in Peters Bereich – ähnlich wie er es seit 2006 bei der TSG 1899 Hoffenheim schon umgesetzt hat. Dort war Peters eigentlich noch bis 2016 gebunden, die Freigabe sollte ihm zunächst sogar verweigert werden.

Anstelle Kreuzers will der Vorstandsvorsitzende Dietmar Beiersdorfer einen weiteren Mann als Direktor Profifußball verpflichten, der sich um Belange wie Scouting für die Bundesligamannschaft und Medienarbeit kümmert. Der ehemalige St.-Pauli-Profi und derzeitige technische Direktor der Schweizer Nationalmannschaft, Peter Knäbel, gilt als einer der Top-Kandidaten. „Wir befinden uns mit einigen möglichen Nachfolgern in Gesprächen, noch ist nichts entschieden“, sagt Beiersdorfer.

Doch die Verpflichtung von Peters stellt für Beiersdorfer den wesentlichen Teil der sportlichen Neuausrichtung dar. „Wir sind sehr glücklich, dass es uns gelungen ist, mit Bernhard Peters einen der national und international anerkanntesten Experten in den Themen Fußballstruktur, -konzept und Nachwuchsentwicklung für den HSV zu gewinnen. Auch in Hamburg muss es möglich sein, Alternativen zum Markt zu schaffen“, sagte der Ex-Profi und macht damit deutlich, dass er den HSV auf diesem Gebiet derzeit nicht als konkurrenzfähig einstuft. Ob es weitere personelle Konsequenzen geben wird, soll erst entschieden werden, wenn Peters im Amt ist. Doch der Verbleib von Nachwuchsleiter Michael Schröder gilt als unwahrscheinlich.

Peters war seit 2006 Direktor Sport- und Nachwuchsförderung beim Bundesligisten aus Hoffenheim. In den acht Jahren im Kraichgau wurde die Akademie dort zu einem Nachwuchszentrum ausgebaut, das mit den Meistertiteln der U17 und U19 Erfolge feiern konnte und dem Verein auch über die Grenzen der Republik hinaus zu einigem Renommee verhalf. Zuvor war der Familienvater auch Wunschkandidat des damaligen Bundestrainers Jürgen Klinsmann für den Posten des DFB-Sportchefs, der dann aber mit Matthias Sammer besetzt wurde. Ursprünglich kommt Peters allerdings aus dem Hockeysport, wo er in den 22 Jahren seiner Tätigkeit als Trainer beim Deutschen Hockey-Bund alle seine Mannschaften zu Weltmeister-Ehren führte.

Peters gilt fachlich auch im Fußball als unumstritten und als akribischer Arbeiter, der nahezu alle Mittel ausschöpft, die sein Team voranbringen könnten. Innovationen steht er offen gegenüber. Ob Taktik, Leistungsdiagnostik, Prävention, Karriereplanung für die Spieler, Talentförderung, Anhebung des Niveaus, Ernährung oder Sportpsychologie – Zufall soll es unter ihm nur noch auf dem Rasen geben. Sogar einen Sehtest hatte er als Hockey-Bundestrainer eingeführt.

Menschlich wird Peters hingegen von vielen als kompliziert eingestuft. Ein eher knorriger Typ, wenig gewinnend, bei öffentlichen Auftritten hölzern wirkend. Der ehemalige Hockey-Nationalspieler Philipp Crone erklärte einst, dass ihn niemand in seinem Leben so oft angebrüllt hätte wie der künftige Direktor Sport des HSV. Doch dies charakterisiere Peters nicht als Choleriker, sondern eher als erfolgsbesessenen Trainer, der wie ein Vater alles aus seinem Jungen herausholen möchte.

Dieser will dem HSV im Nachwuchsbereich nun zu ähnlichen Erfolgen verhelfen wie Hoffenheim, wo Peters für eine sehr enge Verzahnung zwischen Profi- und Nachwuchsbereich gesorgt hat. Auch wenn Mäzen Dietmar Hopp anfangs die mangelnde Durchlässigkeit in den Profibereich bemängelte, profitierte in der vergangenen Saison Abwehrspieler Niklas Süle von der Ausbildung, der als 18-Jähriger unumstrittener Stammspieler war. „Es ist mein Ziel, dem HSV eine eigene fußballerische Identität zu geben: eine Philosophie, aus der vom Kinder- über den Jugend- bis hin zum Profibereich heraus eine unverwechselbare Handschrift entwickelt wird“, erklärt Peters.

Eine seiner Kernaufgaben wird es sein, das Campus-Projekt voranzubringen. Wann der Spatenstich des Nachwuchszentrums erfolgt, ist unklar. Eigentlich sollte der Campus aus den 17,5 Millionen Euro der Fananleihe finanziert werden, doch dieses Geld floss bereits größtenteils ins laufende Geschäft – nun werden neue Finanzierungsmöglichkeiten (auch mit Alexander Otto wird gesprochen) abgeklärt. Beiersdorfer ist auf jeden Fall großer Befürworter des Projekts, würde es sogar gerne noch ausbauen. So sei alternativ zum Internat auch denkbar, mit Gastfamilien zu kooperieren, anstelle von fünfeinhalb Trainingsplätzen hätte Beiersdorfer lieber siebeneinhalb.

Für Peters bedeutet der Wechsel auch einen persönlichen Aufbruch. „Dieser Schritt ist für mich und meine Familie eine ungeheure Chance, eine neue Lebensphase zu beginnen“, sagt Peters. Seinen Sohn Jan wird er häufiger treffen, da er für die Zweite des Clubs an der Alster in der Hockey-Regionalliga spielt und in Hamburg BWL studiert.