Der HSV-Trainer kontrolliert die Spieler streng. Im Trainingslager werden die Fußballer GPS-Westen tragen, die die Fitnesswerte ermitteln. Vor allem Antritt und Dynamik sollen verbessert werden

Hamburg. Mirko Slomka hat es angekündigt. Nach der einwöchigen Erholungspause wird die Intensität „noch krasser“ ausfallen. Und die Spieler müssen sich darauf einstellen, dass sie dabei in Zukunft kontrolliert werden wie wohl noch nie zuvor in ihrer Karriere.

Beim zweiten Trainingslager in Stegersbach (Österreich) werden die Spieler für die Tests und die Trainingseinheiten mit GPS-Westen ausgestattet. In Hannover hatte der HSV-Trainer – damals mit einer australischen Firma – als erster Bundesligaclub das Verfahren eingeführt. Nun stellt Adidas ein gleiches System bereit. Mittels Satellit können alle Laufdaten (auch Sprintwerte) erhoben, in einem Chip gespeichert und später ausgelesen werden. Außerdem wird die Herzfrequenz gemessen. Slomkas Kernfrage: „Was machen die Spieler wirklich?“ Und wie müssen beispielsweise die Trainingsintensität oder Erholungspausen dosiert werden?

Wer künftig nicht ganz so professionell lebt, wird dies vor dem Trainerstab kaum noch verbergen können.Um Daten vergleichbar zu machen, wird es künftig einmal pro Woche Blut-, Harnstoff- und weitere Untersuchungen im UKE geben. Slomka: „So kann ich bei Schwankungen eher erkennen, was passiert ist und, überspitzt formuliert, den Spieler fragen: Hast du gestern ein Bier getrunken?“

Slomka baut auf das schnelle Umschaltspiel nach Ballgewinn

Dass die Spieler zu einer professionellen Ernährung erzogen werden sollen, ist selbstverständlich. „Ich weiß natürlich nicht, wenn sie nach dem Training dann doch irgendwo abbiegen, ich kann ihnen aber nur sagen: Ich sehe es, wenn ich sie auf die Waage stelle. Und auch im Training“, sagt Slomka: „Hier und da haben wir Gewichtsproblematiken, aber das bekommen wir schnell in den Griff, wenn wir das Training weiter so durchführen können.“

Aus seiner Zeit bei den Niedersachsen ist bekannt, dass es Slomka liebt, Daten zu sammeln. „Ich weiß, viele sagen, der spinnt mit seiner Wissenschaft, der Slomka, dabei will ich gar nicht so viel, sondern nur wissen, was wir tun.“

Dabei geht sein Interesse jedoch weit über das Erfassen und Analysieren von Werten hinaus: „Ich lege Wert darauf, dass wir auch eine wissenschaftliche Begleitung über weltweite Presse haben.“ Er nennt ein Beispiel: So habe sein Team mal darüber nachgedacht, den Profis vor den Spielen 200 Milligramm Koffein zu geben. Man habe aber Untersuchungen darüber abgewartet und dann entschieden: Nein, machen wir nicht. Ein zweites Beispiel: „Ich möchte wissen, wie lange die Spieler im Eisbad stehen müssen und nicht nach Gefühl handeln.“

Slomka gibt zu, dass er auf einem schmalen Grat mit seinem hohen Level an Überwachung wandelt, aber er baut auf den Aha-Effekt. „Ich weiß nicht, ob sie sich freuen, dass sie so stark kontrolliert werden. Ein Großteil der Mannschaft ist aber ganz glücklich, dass die Einheiten eine hohe Belastung darstellen. Sie kommen runter vom Platz und sagen: Das war jetzt hart, aber ich fühle mich gut. So muss es auch sein. Sie müssen sich fit fühlen.“

Gegen Ende der Vorbereitung werden sich die Spieler – wieder in Kooperation mit der Uni Wuppertal – einem zweiten Leistungstest (Ausdauer, Schnelligkeit, Sprungkraft) unterziehen müssen. Auf der Grundlage der Ergebnisse des ersten Tests hat Slomka eine Gruppeneinteilung für Sondertrainingsmaßnahmen vorgenommen. Es gibt Spieler, die zweimal täglich zusätzlich zum normalen Betrieb Übungen vornehmen müssen, um Defizite abzubauen. Während die Werte im Ausdauerbereich ordentlich waren, müsse das Team an der Explosivität arbeiten, so Slomka. „Schnelligkeit ist kaum zu verbessern, aber der Antritt und die Dynamik schon.“

Wozu das alles geschieht, wird man, so die Hoffnung des Trainerstabs, in der neuen Bundesliga-Saison sehen. „Es gibt im Grunde zwei Möglichkeiten in einem Fußballspiel zuzuschlagen: Bei schnellem Umschalten nach einem plötzlichen Ballgewinn, was den Deutschen gegen Brasilien in Perfektion gelungen ist. Der zweite Aspekt ist die Rückgewinnung des Balls. Wenn ich ihn innerhalb von fünf, sechs Sekunden zurückgewinnen kann, ist die Chance sehr groß, dass sich der Gegner gerade im Vorwärtsdrang befindet und man ihn erwischen kann. Das sind zwei wesentliche Aspekte für unser Spiel.“

Wenn nicht alles täuscht, werden die Spieler über bessere Grundlagen für dieses idealtypische Spiel verfügen.