Mit Heiko Westermann spricht erstmals ein HSV-Profi die konditionellen Defizite der abgelaufenen Saison offen an

Glücksburg. Es wird hart gearbeitet beim HSV in der Marineschule in Glücksburg. Mittendrin: Heiko Westermann, 30, der in seine fünfte Saison bei den Hamburgern geht.

Hamburger Abendblatt: Herr Westermann, der HSV startet in Köln und gegen Paderborn in die Saison. Zufrieden?

Heiko Westermann: Zwei Aufsteiger, ein schöner Auftakt. In Köln ist immer eine wahnsinnige Stimmung. Wir arbeiten jedenfalls hart daran, gut in die Saison gehen zu können. Es wäre schön, den Schwung von der Umstrukturierung mitnehmen zu können.

Wie sehr muss denn die Mannschaft noch umstrukturiert werden?

Westermann: Ich denke, es wird und muss noch einiges passieren in den kommenden Wochen, da vertraue ich ganz den handelnden Personen in der neuen Vereinsstruktur. Was die Qualität betrifft, brauchen wir noch einige Spieler, um wettbewerbsfähig zu sein.

Das Pensum in diesen Tagen wirkt deftig. Auch für Sie?

Westermann: Die Vorbereitung ist im Vergleich zu früher schon intensiver, und das ist auch gut so, um richtig fit zu sein. Man hat gesehen, dass es uns in der vergangenen Saison an der nötigen Fitness gefehlt hat. Bedingt natürlich auch durch Verletzungen einiger Spieler. Trotzdem bin ich überzeugt, dass eine gute Vorbereitung vorbeugend wirken kann.

Wie sehr hat sich Ihre Knieverletzung im Dezember ausgewirkt?

Westermann: Ich bin zwei Monate ausgefallen und bin mit Trainingsrückstand in die Spiele gegangen. Eigentlich hätte ich noch drei, vier Wochen pausieren müssen. Aber das war auch der Situation geschuldet.

Gerade in Fürth waren die Defizite des Teams deutlich zu sehen.

Westermann: Richtig, aber Sie müssen eben bedenken, wie viele Leute dort auf dem Platz standen, die kaum trainiert hatten: Jansen, Djourou, Lasogga oder auch van der Vaart. Das betraf schon viele Spieler. Aber das ist Vergangenheit.

Nach der Relegation waren Sie völlig fertig. Hat die Pause gereicht, auch mental zu regenerieren?

Westermann: Ja, vier Wochen sind eine lange Zeit. Wobei die ersten Tage hart waren, man fällt in ein extremes Loch. Typischerweise wurde ich krank, hatte einen Infekt. Aber danach ging es. Ich habe abgeschaltet, nicht telefoniert, selten was gelesen. Jetzt geht es wieder weiter mit frischem Wind.

Wie beurteilen Sie die Länge der Sommervorbereitung? Keine andere Mannschaft startete so früh.

Westermann: Sie ist schon extrem lang, aber wir haben ja eine Woche Pause. Ich vertraue da unserem Trainer, er hat die nötige Erfahrung und kennt unsere Schwächen.

Sie haben bereits eine Vorbereitung unter Slomka erlebt, damals noch bei Schalke ...

Westermann: ... und die war ziemlich knackig, die Erinnerungen sind noch sehr lebendig.

Worauf legt Slomka jetzt besonderen Wert, was fordert er vom Team?

Westermann: Ein laufintensives Spiel. Schnelles Umschalten, offensiv wie defensiv, was wir in der vergangenen Saison ganz schlecht umgesetzt haben.

Kann man sagen, dass sich ein Stilwandel vollzogen hat im Vergleich zu den Ex-Trainern Fink und van Marwijk?

Westermann: Ja, es haben sich auch einige schwer damit getan, nicht nur auf Ballbesitz zu spielen, sich eine andere Spielweise anzugewöhnen. Gerade unter Thorsten haben wir sehr auf Ballkontrolle geachtet und nie schnell umgeschaltet. Unter van Marwijk war es ein bisschen anders, aber da haben wir es auch nicht geschafft. Mirko Slomka hat das vom ersten Tag an versucht. Es war nicht einfach, sich an die andere Spielweise zu gewöhnen.

Wie verfolgen Sie die WM?

Westermann: Ich schaue mir fast alles an. Wir Deutschen werden unter die letzten acht kommen, dann entscheiden minimale Dinge.

Schmerzt das Zusehen etwas?

Westermann: Eine Teilnahme wäre ein Traum gewesen. Aber was soll man nach so einer katastrophalen Saison sagen? Ich war am Ende, kaputt durch meine Verletzungen. Es wäre vielleicht gar nicht gegangen. Wenn ich ehrlich bin, war ich froh, vier Wochen in den Urlaub gehen zu können.