An Zoltan Stieber scheiden sich beim HSV die Geister. Sein Berater spricht von „unfairen Äußerungen“

Hamburg. Beweglich, schnell, trickreich – drei Attribute, die Zoltan Stieber zugeordnet werden. Und diese konnte der bisher einzige Neuzugang des HSV in den ersten beiden Trainingseinheiten in Ansätzen auch schon unter Beweis stellen. Viel Zeit benötigt er nicht, um Bälle zu verarbeiten und weiterzuspielen, und sein Schlenzer im Übungsspiel über Torwart Jaroslav Drobny hinweg begeisterte die Fußballliebhaber am Dienstag. Jemand mit diesen Qualitäten war im Kader des HSV bisher rar und der Grund, warum Sportchef Oliver Kreuzer und Trainer Mirko Slomka, der Stieber einst schon vergeblich nach Hannover locken wollte, sich für die Verpflichtung des Fürthers starkgemacht hatten. Neun Tore und elf Vorlagen machten ihn zum besten Scorer der Kleeblätter.

Doch es gibt da offenbar noch eine andere Seite des Ungarn. Zweikampfschwach, defensivschwach, nicht präsent genug. So heißt es jedenfalls aus Fürth, wo Stieber nach toller Hinrunde in der zweiten Saisonhälfte sogar in der zweiten Liga seinen Stammplatz verlor. Und auch während seines ersten Versuches in der Bundesliga durchzustarten, vor drei Jahren in Mainz, überdeckten die Unzulänglichkeiten des Nationalspielers seine Qualitäten derart, dass er unter Trainer Thomas Tuchel nur zu sieben Einsätzen kam – kein einziger davon über 90 Minuten. Zeitweise wurde Stieber sogar in die zweite Mannschaft verbannt. Tuchel klagte damals, dass der Dribbelkünstler sein fraglos großes Potenzial im Training einfach nicht zeige. Er sei zu selbstgefällig und müsse aus der Komfortzone herauskommen.

Diese Zweifel an Stiebers Erstligatauglichkeit teilen beim HSV nun auch einige der designierten Führungskräfte. So soll der im künftigen Aufsichtsrat für die sportliche Kompetenz zuständige Thomas von Heesen nicht sonderlich überzeugt vom 1,75 Meter großen Wirbelwind sein, und der künftige Ratsboss Karl Gernandt hatte unlängst öffentlich erklärt dass „der Deal mit Stieber von unserer Seite aus so nicht eingefädelt worden wäre“. Abgesegnet hatte den Transfer noch der alte Aufsichtsrat einen Tag nach der Mitgliederversammlung Ende Mai.

Stiebers Berater Volker Struth ist sich zwar sicher, dass sich die nicht uneingeschränkte Rückendeckung keinesfalls negativ auf die Leistung seines Schützlings auswirken wird, mit der Situation ist er dennoch unglücklich. „Der Wechsel von Zoltan zum HSV war der ausdrückliche Wunsch der sportlichen Leitung und des Trainers. Dass sich nun Funktionäre aus dem Hintergrund in der Öffentlichkeit negativ dazu äußern, finde ich dem Spieler gegenüber äußerst unfair.“

Keine optimalen Voraussetzungen also für einen unbeschwerten Neuanfang – aber immerhin bekommt Stieber so gleich einen Eindruck, wie es beim HSV zugehen kann. „Ich habe in meinen ersten beiden Tagen schon etwas vom ganzen Rummel hier mitbekommen, doch ich will mich einzig aufs Fußballspielen konzentrieren“, sagt der immerzu lächelnde und fast perfekt Deutsch sprechende Flügelflitzer. Dass einige der neuen Bosse seine Verpflichtung trotz der nur geringen Ablösesumme von rund 1,2 Millionen Euro offenbar kritisch sehen, lässt ihn kalt. „Ich habe gleich am ersten Tag ein Gespräch mit dem Trainer über meine Situation geführt, jetzt ist das nicht mehr mein Thema. Der Rest wird sich im Stadion zeigen“, sagte Stieber weiter.

Und dort hatte der 25-Jährige vor allem in den Relegationsspielen gegen den HSV mächtig Eindruck hinterlassen. Die schwerfälligen Hamburger Verteidiger sahen des Öfteren nur Stiebers Hacken. Damit hätte der Offensivexperte durch die überzeugenden Auftritte fast dazu beigetragen, dass er auch in der kommenden Saison in der zweiten Liga spielen muss – mit dem HSV. „Das waren schon komische Gefühle nach dem Rückspiel“, gibt Stieber zu. „Erst war ich enttäuscht, doch so spiele ich jetzt das erste Mal bei einem richtig großen Verein in der ersten Liga.“

Die Eingliederung sei problemlos verlaufen, das Team habe ihn gut aufgenommen. Tolgay Arslan, den Stieber noch aus gemeinsamen Aachener Zeiten kennt, hatte ihn zum Trainingsauftakt mitgenommen. Persönliche Ziele für sein erstes Jahr hat sich der ehemalige Jugendspieler von Aston Villa nicht gesetzt, außer, dass er so viel spielen möchte wie möglich. Und auch als Mannschaft solle man nach einer solchen Saison „keine großen Ziele ausrufen“, sagt Stieber in bescheidener Manier. Und Bescheidenheit ist ja durchaus ein weiteres Attribut, das beim HSV selten jemandem geschadet hat.