Der HSV beginnt fast zwei Monate vor dem ersten Pflichtspiel mit der Vorbereitung. Beiersdorfer verhandelt noch

Hamburg. Fast alle beim HSV geben sich noch ihren Urlaubsgefühlen hin, nur der derzeitige und der designierte Sportchef können sich kaum einmal entspannen. Dietmar Beiersdorfer weilte Pfingstmontag noch in Russland, wo die Verhandlungen mit Zenit St. Petersburg um einen vorzeitigen Ausstieg aus seinem bis 2015 laufenden Vertrag weiter andauern. Es soll aber nur noch um Modalitäten gehen, mit einer baldigen Einigung ist wohl zu rechnen.

Bis dahin behält Oliver Kreuzer die Zügel in der Hand. Bereits am heutigen Dienstag findet das erste Gipfeltreffen im Hinblick auf die neue Saison statt: Kreuzer findet sich mit Trainer Mirko Slomka zusammen, um die neue Saison zu planen. Mehrere Stunden sind für das Meeting anberaumt, das neben der Kaderplanung auch die Vorbereitung zum Thema haben wird – denn diese ist so lang wie nie. Schon am 18. Juni ruft Slomka zum Trainingsauftakt, so früh wie kein anderer Bundesligaclub. Das erste Pflichtspiel findet erst zwei Monate später statt, im DFB-Pokal bei Energie Cottbus. Zum Vergleich: Die Bayern starten erst drei Wochen danach, die zahlreichen WM-Fahrer stoßen noch später hinzu (siehe Infokasten).

„Ich glaube, dass acht oder neun Wochen Sommerpause zu lang sind“, sagt Sportchef Oliver Kreuzer, für den die verlängerte Vorbereitung auch eine logische Konsequenz aus der letzten Saison ist: „Es müssen einige Dinge besser werden, also muss mehr gearbeitet werden.“ Slomka hatte bei der Verkündung des Sommerfahrplans erklärt: „Man hat gesehen, dass wir eine intensive Vorbereitung nötig haben. Wir brauchen in der kommenden Saison robuste Spieler.“ Wer will ihm da widersprechen, schließlich waren derart viele Profis in der vergangenen Serie mit immer wiederkehrenden Wehwehchen beschäftigt, dass am Ende nicht einmal mehr genug fitte Spieler vorhanden waren, um einen 18er-Kader zu stellen. Zudem ließen die läuferischen Werte über die gesamte Saison gesehen zu Wünschen übrig. Die konditionelle Unterlegenheit wurde vor allem in der Relegation gegen Greuther Fürth deutlich, als die HSV-Spieler am Ende körperlich kaum noch etwas entgegenzusetzen hatten.

Im vergangenen Sommer begann der HSV unter Trainer Thorsten Fink erst 34 Tage vor Pflichtspielstart mit dem Training. Das Ergebnis ist bekannt. Doch auch vor den letzten erfolgreichen Spielzeiten im Sommer 2007 und 2008 absolvierte der Bundesliga-Dino unter Huub Stevens und Martin Jol nur eine fünfwöchige Sommervorbereitung – die am Ende zu einem vierten und einem fünften Platz führte. Neun Wochen Vorbereitung wie jetzt sind ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Doch greift die Formel auch, wer mehr macht, ist am Ende fitter?

„Diese Art der Vorbereitung ist schon etwas ungewöhnlich“, sagt Sportmediziner Klaus-Michael Braumann von der Uni Hamburg. „Doch wenn richtig dosiert wird, kann es durchaus sinnvoll sein, da während dieser Zeit ja nicht nur die konditionelle Komponente im Mittelpunkt steht, sondern auch teambildende Maßnahmen.“

Deshalb werden die Norddeutschen auch gleich drei Trainingslager in Glücksburg, China und im Burgenland beziehen, in denen das Team auch als Einheit zusammenfinden soll. Nach der Chinareise dürfen die Hamburger Profis vom 12. bis zum 18. Juli allerdings noch mal eine Woche Urlaub machen. „Das ist sehr wichtig, um nicht in einen Trott zu verfallen“, sagt Kreuzer. Beim HSV gab es diese Pause noch nicht – in der Bundesliga ist das jedoch kein Novum. So griff Thomas Tuchel in der langen Sommerpause vor zwei Jahren zu der gleichen Maßnahme. „Wenn man so früh startet, muss man aufpassen, dass man das Momentum nicht verliert. Man kann den Spannungsbogen nicht so lange aufrechterhalten“, erklärte der damalige Coach von Mainz 05.

Für Braumann ist die Trainingsphase in der Vorbereitung aber nicht allein entscheidend. „Eine fortlaufende Leistungsdiagnostik mit Ausdauer-, Kraft- und Sprungtests sowie Athletiktraining sind auch während der Saison unverzichtbar. Zudem ist es nicht unerheblich, in welchem Zustand die Spieler beim Trainingsauftakt erscheinen“, sagt der Mediziner. Slomka war mit der Leistungsdiagnostik offenbar nicht zufrieden, zumindest sicherte er sich die Dienste von Prof. Jürgen Freiwald, der dem HSV in diesem Bereich künftig zur Verfügung stehen wird.

Zeit hat Slomka nun mehr als genug, um das Team nach seinen Vorstellungen zu formen, zumal außer WM-Fahrer Johan Djourou und den Langzeitverletzten fast alle Mann pünktlich einsteigen können. Wenn es dann auch noch gelingt, wie von der neuen Vereinsführung um Karl Gernandt angekündigt, zum Trainingsauftakt die gewünschten Neuverpflichtungen weitgehend im Kader zu haben, sollte einem erfolgreichen Saisonstart nichts mehr im Wege stehen.

Die Führung des Supporters Clubs mit Christian Bieberstein und Christian Reichert will nicht mehr kandidieren. Mehr dazu bei „Matz ab“ unter hsv-blog.abendblatt.de