Reinhard Rauball unterstützt die Strukturreform beim HSV, warnt aber vor zu hohen Erwartungen

Hamburg. Am Rande des 14. Hamburger Sportsymposiums am Millerntor sprach das Abendblatt mit DFL-Präsident Dr. Reinhard Rauball über die Ausgliederung beim HSV. Der Rechtsanwalt ist auch Präsident von Borussia Dortmund.

Hamburger Abendblatt:

Herr Dr. Rauball, der HSV stellt sich organisatorisch komplett neu auf. Der richtige Weg?

Reinhard Rauball:

Die überwältigende Mehrheit der Mitglieder des HSV hat sich für eine neue Struktur des Vereins mit der Ausgliederung der Profi-Abteilung entschieden. Ich halte dies für den richtigen Weg. Für den Aufsichtsrat sind qualifizierte Leute benannt worden. Diese Organisationsform muss nun gelebt werden, eine Änderung ist nur der erste Schritt auf den Weg in eine möglicherweise bessere Zukunft. Garantien gibt es nicht. Bei Borussia Dortmund haben wir 2000 die Umwandlung in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien gemacht und sind später fast in Insolvenz gegangen.

Wie ist es möglich, dass ein Traditionsverein wie der HSV mit einem der schönsten Stadien in Deutschland derart in die Krise geraten kann?

Rauball:

In der Tat hat mich vor allem die niedrige Punktzahl (27 Punkte nach 34 Spieltagen, die Red.) überrascht. Wenn sich einmal die Schraube nach unten dreht, ist dieser Prozess kaum noch aufzuhalten. Dortmund ist zwar nicht so reich und so groß wie Hamburg. Der BVB ist aber ebenfalls ein Verein mit großer Tradition. Trotzdem wären auch wir 1986 fast abgestiegen, haben uns gegen Fortuna Köln erst im dritten Relegationsspiel retten können.

Der BVB spielte wenige Jahre nach der Fast-Insolvenz wieder international. Ist eine Renaissance auch beim hoch verschuldeten HSV möglich?

Rauball:

Man muss aber auch fairerweise sagen, dass damals auch glückliche Umstände hinzukamen Es gab etwa zum Zeitpunkt der wirtschaftlichen Rettungsmaßnahmen keine Finanzkrise. Zudem hatten wir das Glück, dass genau zum richtigen Zeitpunkt mit Jürgen Klopp der richtige Trainer für uns auf dem Markt war.

Sollte sich der HSV zunächst mal von höheren Ambitionen verabschieden?

Rauball:

Ich habe keine Veranlassung, irgendjemandem in der Liga Ratschläge über die Führung eines Vereins zu geben. Ich persönlich bin aber immer damit gut gefahren, die Messlatte der Erwartungen nicht zu hoch zu legen.

Viele Mitglieder beim HSV fürchten, dass sie nichts mehr zu sagen haben werden. Gab es diese Sorgen im Vorfeld der Umwandlung in Dortmund auch?

Rauball:

Diese Diskussion hat es damals in Dortmund nicht gegeben, die Zustimmung erfolgte fast einstimmig. Auch rückblickend stellen wir fest, dass wir unsere Mitglieder in keiner Phase entrechtet haben. Laut Liga-Statut muss die Mehrheit der Stimmrechte ja auch immer beim Verein bleiben. Und offenbar sehen das viele in Dortmund so. Wir haben jetzt 105.000 Mitglieder, fast fünfmal so viel wie 2004.