Der angeschlagene HSV-Sportchef muss um seinen Job bangen, will aber kämpfen. Initiative HSVPlus spricht mit anderen Kandidaten

Hamburg. Oliver Kreuzer hatte in seiner langen Karriere als Sportler und Sportfunktionär schon deutlich angenehmere Zeitungslektüre. Am Montag erfuhr der Sportchef des HSV aus dem Hamburger Abendblatt, dass sein Job in akuter Gefahr ist. Die Initiative HSVPlus hat bereits Kontakt zu möglichen Nachfolgekandidaten aufgenommen. Bei der Versammlung am 25. Mai will HSVPlus den HSV strukturell und personell neu aufstellen.

Wie berichtet, soll Dietmar Beiersdorfer neuer Vorstandschef werden, mit Joachim Hilke als Vorstand für Marketing an seiner Seite. Als neuen Sportchef favorisiert HSVPlus drei Kandidaten: Ex-Nationaltorwart Jens Lehmann, Bernhard Peters, Direktor für Sport- und Leistungsförderung bei der TSG Hoffenheim sowie Peter Knäbel, Technischer Direktor der Schweizer Nationalmannschaft. Kreuzer selbst mochte den Vorgang nicht weiter kommentieren: „Für mich zählt nur die Relegation. Wir müssen dafür sorgen, dass der HSV die Klasse erhält.“

Die Macher von HSVPlus lasten Kreuzer mehrere Flops im Transfergeschäft sowie die Verpflichtung von Bert van Marwijk an, der sich durch eine fehlende Abfindungsklausel als teuerster Trainer-Irrtum der Vereinsgeschichte entpuppte. Kreuzers nun mögliche Demission ist indes auch ein Schulbeispiel dafür, wie schnell ein Club einen Sportchef demontieren kann.

Schon sein Amtsantritt war ausgesprochen unglücklich, da sein einstiger Arbeitgeber, der Karlsruher SC, für Kreuzers Freigabe auf eine Ablöse von 600.000 Euro bestand. Bezahlen für einen Manager aus der Dritten Liga, das musste für erstes Grummeln im Verein sorgen, zumal sein deutlich erfahrener Kontrahent Jörg Schmadtke ohne Ablöse hätte kommen können. Nach dem verpatzten Saisonstart titulierte HSV-Mäzen Klaus-Michael Kühne im Abendblatt Kreuzer als „Drittliga-Manager, der der Aufgabe nicht gewachsen sei“. Im Winter verhandelte dann der Aufsichtsrat mit Felix Magath als neuen Super-Sportdirektor, was automatisch das Aus für Kreuzer bedeutet hätte.

Kreuzer hatte in Wahrheit bis jetzt nie eine Chance, sich im Verein eine Position aufzubauen, die seinem Amt als stellvertretender Vorstandschef entspricht. Auch dies hat dazu geführt, dass er sich zu wenig gegen die verwegenen Transfer-Vorstellungen seiner Trainer wehrte. Etwa gegen die Pläne von Thorsten Fink, der auf Ersatz für die angeblich untauglichen Innenverteidiger Slobodan Rajkovic und Michael Mancienne bestand. Oder gegen Bert van Marwijk, der Torjäger Artjoms Rudnevs aussortierte und dafür seine Landsleute Ola John und Ouasim Bouy verpflichtete. Klar, Kreuzer hätte die Transfers verhindern können – aber sich damit auch gegen die Trainer gestellt. Mitunter scheint Kreuzer auch zu ehrlich für das Haifischbecken Bundesliga. Als er nach dem 1:3 in Augsburg die desaströse Leistung seines Teams anprangerte („Wenn man das Spiel betrachtet hat, kann man berechtigte Zweifel an einem positiven Ausgang haben“), wurde dies als Aufgabe im Abstiegskampf interpretiert. Bitter für Kreuzer, dass seine Erfolge – etwa die Vertragsverlängerungen von Hakan Calhanoglu und Jonathan Tah oder die Last-Minute-Ausleihe von Pierre-Michel Lasogga – im Krisengetöse fast untergingen.

Es zählt zu den Absurditäten im Fußballgeschäft, dass Kreuzer als klarer Befürworter von Ausgliederung der Profi-Abteilung und Öffnung für Investoren nun eigentlich hoffen muss, dass HSVPlus den Mitgliederentscheid verliert. Denn dies würde seine Chance auf einen Joberhalt steigern.