Der HSV hat in der Vergangenheit viel an Identifikationskraft verloren. Einmal verlorene Fans sind schwer wieder an den Verein zu binden.

Zu Zeiten des früheren Präsidenten Dr. Peter Krohn musste man beim HSV jede Woche um die Kartenerlöse zittern. Nach einem schwachen Auswärtsauftritt sank der Absatz für das darauffolgende Heimspiel schnell mal um 5000 Tickets. Doch mit dem Komfort der zudem architektonisch so gelungenen neuen HSV-Arena stieg der Zuschauerschnitt rasant. Alle, die vor Baubeginn 1998 den damaligen Präsidenten Rolf Mares auslachten, als er mit 33.000 Fans und mehr pro Spiel plante, mussten bald Abbitte leisten. Mit dem modernen Fußballtempel wurden auch die Eventzuschauer über viele Jahre zu Dauerkunden. Und gerade in der Anfangsphase übertünchte die wunderbare Atmosphäre so manchen minderwertigen Kick.

Auch heute nimmt das Hamburger Publikum der Neuzeit weder längst verblichene Europapokaltriumphe als Maßstab noch urteilt es überkritisch. Trainer-raus-Rufe? Sind die absolute Ausnahme. Und ja, natürlich hat der Zuschauerrückgang etwas mit der Tabellensituation zu tun. Was aber vielen treuen und so genügsamen HSV-Sympathisanten zuletzt immer mehr fehlte, ist eine „Story“, ein Konzept für den mittelfristigen Aufschwung, um die aktuelle Misere leichter ertragen zu können. Selbst wenn der Club die Klasse halten sollte, ist ein weiterer Rückgang bei den Zuschauereinnahmen wahrscheinlich – und hier lauert die Gefahr. Einmal verlorene Klienten, gerade im hochpreisigen VIP-Bereich, wieder an sich zu binden, wird nicht mit einem geschossenen Tor mehr gelingen. Dafür hat der HSV in der Vergangenheit viel zu viel an Identifikationskraft verloren. Und ist nicht mehr trendy.