Neues Abendblatt-Buch über den HSV: Der Allrounder spielte in der Bundesliga und arbeitete weiter bei einer Firma für Unterwasserpumpen und bei einer Brauerei

Hamburg. „HSV – Ein Verein. Eine Stadt. Immer dabei.“ So heißt das Buch, das das Hamburger Abendblatt zum 50. Bundesligajubiläum veröffentlicht. Ein Kapitel ist Ernst Piechowiak, heute 76, gewidmet. Ein Auszug.

Einen gravierenden Unterschied zwischen der Oberliga Nord und der Bundesliga hat ein Mann wie Erwin Piechowiak nicht festgestellt. Für den HSV-Spieler gab es schlicht keinen Unterschied. Fußballerisch nicht, und auch die körperlichen Anforderungen sind für ihn damals absolut gleich geblieben. Der Allroundspieler sagt im Rückblick: „Ich habe immer neben dem Fußball meinen ganz normalen Beruf gehabt. Bei der Firma Pleuger Pumpen war ich zuständig für die Herstellung von Unterwasserpumpen. Und genau das habe ich auch nach dem Start der Bundesliga weiter gemacht.“

Fast jeder Tag war deshalb enorm hart. Piechowiak, in Harburg wohnhaft, arbeitet für zwei: „Morgens um acht war ich am Arbeitsplatz in Wandsbek, bis zehn Uhr habe ich gearbeitet, dann ging es zum Vormittagstraining an den Rothenbaum. Danach ging es zurück in die Firma, Arbeit bis 15.30 Uhr, dann wieder an den Rothenbaum zum zweiten Training.“ Wahrlich kein Zuckerschlecken, aber die neuen deutschen Fußball-Profis kannten 1963 keinen anderen Tagesablauf, erst mit den ersten Bundesliga-Jahren wurde ihnen und den Vereinen klar, dass es so nicht gehen konnte. Bei Erwin Piechowiak war Schluss mit den Pumpen, als er Terminarbeiten nicht mehr pünktlich erledigen konnte – er war zu oft mit dem HSV unterwegs. Dennoch wollte er weiterhin zweigleisig fahren: Fußball beim HSV, arbeiten für eine andere Firma. Und der HSV war ihm bei der Suche nach diesem Arbeitsplatz behilflich. Der Abwehrspieler kam bei der Holsten-Brauerei unter.

In der ersten Saison schaffte er zwölf Spiele, in der zweiten Saison 16 Einsätze. So richtig Stammspieler war der Meisterspieler von 1960 nicht, obwohl er von allen im und um den HSV herum als „Mister Zuverlässig“ geschätzt wurde. „Ich habe fast alles gespielt, mal Verteidiger, dann auch Stopper, war Halbstürmer und auch mal Rechtsaußen, sogar den Mittelstürmer hat man mir zugetraut. Immer wenn irgendeiner irgendwo fehlte, dann musste ich ran.“ Rückblickend sagt er: „Das habe ich mir selbst eingebrockt. Hätte ich nur eine Position gespielt, dann wäre ich vielleicht Stammspieler geworden. So aber war es leicht, mich immer wieder rauszunehmen.“ Insgesamt, gibt Piechowiak zu, hat ihm die Bundesliga weniger Spaß als die Oberliga bereitet: „Weil ich insgesamt viel zu wenig gespielt habe. Und finanziell war das auch nicht gerade so toll, den großen Reibach konnten wir damals nicht machen.“

Das klingt nicht sonderlich positiv. Dennoch, über ein Bundesliga-Ereignis kann Erwin Piechowiak noch heute schmunzeln: „Im März 1964 haben wir auf Schnee in München von 1860 richtig auf die Ohren bekommen – 2:9 verloren. Das war eine Pleite. Und abends hatte die Mannschaft Karten für die Lach- und Schießgesellschaft. Mein Gott, was haben die uns fertig gemacht. Alles aus dem Stegreif. Den ganzen Abend kamen sie immer wieder auf dieses verdammte 2:9 zurück – mein Gott, das war legendär und unvergesslich. So wurden wir an einem Bundesliga-Spieltag gleich zweimal wie im Bilderbuch vorgeführt und durch den Kakao gezogen.“

„HSV – Ein Verein. Eine Stadt. Immer dabei.“ 504 Seiten, € 34,95, jetzt vorbestellen unter www.abendblatt.de/shop oder Telefon 040/347-26566. Das Buch erscheint Ende September