Kreuzer-Vorstellung läuft nur im Vereins-TV. Kritik vom Journalistenverband

Hamburg. "Wir freuen uns, Oliver Kreuzer hier vorstellen zu können", sagte HSV-Aufsichtsratschef Manfred Ertel am Dienstag bei der offiziellen Pressekonferenz. Eigentlich wollte auch das Abendblatt den neuen Sportchef vorstellen - im Internet, per Livestream, auf abendblatt.de. Daraus wurde nichts: "Wir können Ihnen die Live-Übertragung im Internet nicht gestatten", schrieb ein Pressesprecher des HSV vor der Konferenz per Mail. Abendblatt.de sei "ein direktes Konkurrenzprodukt zu unserem eigenen Livestream auf unserer Plattform hsv.tv".

Wohlgemerkt: Das Ereignis, über das abendblatt.de live im Bild berichten wollte, war kein Exklusivinterview, sondern eine öffentliche Pressekonferenz. "Dennoch bleibt es eine Veranstaltung des HSV, bei der wir das Recht behalten, die Live-Berichterstattung im Internet exklusiv über unseren eigenen Stream zu veröffentlichen", erklärte der HSV-Pressesprecher hierzu. Der HSV will mit der Webseite hsv.tv Geld verdienen. Nutzer sollen für live übertragene Pressekonferenzen zahlen, die Übertragung am Dienstag war gratis.

Nicht nur das Abendblatt hatte eine Online-Übertragung geplant, auch der NDR und Sat.1. "Der HSV ist ein Traditionsverein. Offenbar hat er bei seiner Informationspolitik noch Nachholbedarf", kritisiert Michael Grahl, Geschäftsführer von Sat.1 Norddeutschland. "In der digitalen Zukunft wird auch der HSV bei einer Pressekonferenz nicht mehr unterscheiden können, ob etwas konserviert oder eins zu eins von Medien übermittelt wird."

Der HSV ist juristisch auf der sicheren Seite. Denn die Pressekonferenz fand in den vereinseigenen Räumen statt - und hier hat der Sportverein das Hausrecht. Über dieses Recht dürfen die Pressesprecher regeln, welches Medium die Übertragungsgenehmigung bekommt. So durfte der Sender Hamburg 1 die Pressekonferenz am Dienstag auch live übertragen. Weil er ein Fernsehsender ist - und kein Internetsender, so die Argumentation des HSV. "Juristisch ist da nichts zu machen", sagt auch Hendrik Zörner vom Deutschen Journalistenverband. Zörner findet: "Das Vorgehen des HSV ist legal, aber nicht legitim. Es ist keine gute Form von Öffentlichkeitsarbeit, wenn Journalisten nicht die Möglichkeit bekommen, eine Pressekonferenz zu übertragen."

Zörner befürchtet, dass Sportvereine ähnlich rigide in die Pressefreiheit eingreifen könnten wie Konzertveranstalter. So dürfen Popstars nur zu Beginn ihrer Auftritte fotografiert werden, wenn sie noch nicht so verschwitzt sind.

Auch der FC St. Pauli weiß zu genaue journalistische Beobachtung zu verhindern. Als im vergangenen Jahr Abendblatt-Reporter von der Jahreshauptversammlung des Hamburger Zweitligisten mit einem Liveticker in Textform berichten wollten, wurde ihnen das während der Versammlung untersagt.