Ein Kommentar von Kai Schiller

Vermutlich wäre es sehr einfach, den HSV-Verantwortlichen beim drohenden Abstieg der U23, also der Mannschaft, in der die größten Talente des Vereins auf eine spätere Profikarriere vorbereitet werden, Versagen vorzuwerfen. Man könnte Trainer Rodolfo Cardoso, der das Kunststück vollbrachte, zehn der vergangenen elf Pflichtspiele zu verlieren, in die Pflicht nehmen. Natürlich könnte man auch Nachwuchschef Michael Schröder oder dessen Vorgänger Bastian Reinhardt kritisieren, die der HSV-Reserve weder ein Gesicht gegeben noch eine grundlegende Philosophie eingeimpft haben. Und selbstverständlich würde man bei der Suche nach Schuldigen auch bei Sportchef Frank Arnesen und dessen Vorstandskollegen fündig werden, die sich aus Kostengründen für einen unerfahrenen 20-Mann-Kader entschieden und einen Abstiegsrang vor der Saison billigend in Kauf genommen haben. Die Diskussion greift allerdings viel zu kurz. Vielmehr kann, soll und muss man sogar das Verhalten der sogenannten Profis hinterfragen, die trotz fehlender sportlicher Perspektive in der Bundesliga bislang nicht auf die Idee gekommen sind, bei der U23 auszuhelfen. Warum werden die oft als Ich-AGs bezeichneten Berufsfußballer ihrem Ruf in diesem Fall nicht gerecht und fordern schon aus eigenem Interesse Spielpraxis in der Regionalliga ein? Dass die Spieler nun zu ihrem Glück gezwungen werden sollen, ist aus Vereinssicht nachvollziehbar. Besser wäre es, wenn der Eigenantrieb der in Frage kommenden Profis größer gewesen wäre. Aber das bleibt wohl ein frommer Wunsch.