Der Brasilianer gilt trotz seines Alters als neuer Hoffnungsträger in Hamburg. Er freut sich und sagt: “Der HSV ist perfekt für mich.“

München/Hamburg. Ze Roberto konnte zunächst gar nicht glauben, was er in seiner Heimat über seine mögliche neue Heimat hörte. Während der Brasilianer, der unmittelbar vor einem Wechsel zum HSV steht, sich in São Paulo von den Vereinsärzten des Sport Club Corinthians bei gerade mal 18 Grad im Schatten medizinisch durchchecken ließ, waren es zeitgleich in Hamburg tropische 28 Grad. Beste Voraussetzungen also, um mit knapp 35 Jahren doch noch mal ein Abenteuer zu wagen. Der Vertrag ist zwar noch nicht unterschrieben, doch sind sich der Routinier und die Verantwortlichen des HSV längst über alle Eckpunkte einer Zusammenarbeit einig.

Ze Roberto, der am Montag 35 Jahre alt wird, lief für die Bayern in der vergangenen Saison in 29 Ligaspielen auf. Insgesamt bringt er es auf 282 Bundesligaeinsätze und erzielte dabei 31 Tore. Mit den Münchnern, zu denen er 2002 von Bayer Leverkusen wechselte, holte er viermal das Double aus Meisterschaft und DFB-Pokal.

Ex-Trainer Martin Jol und Ex-Manager Dietmar Beiersdorfer hatten bereits den Kontakt aufgenommen, den Marinus Bester kürzlich erfolgreich intensivierte. Hamburgs Team-Manager war gemeinsam mit einem HSV-Juristen eigens nach Brasilien gereist, um die Einzelheiten auszuhandeln. Letzte Details sollen bis zum Wochenende geklärt werden. Dann will der 84-fache Nationalspieler, der am Montag seinen 35. Geburtstag feiert, nach München fliegen, um sich von seinen Ex-Kollegen beim FC Bayern zu verabschieden - und anschließend nach Hamburg, um sich bei seinen neuen Kollegen vorzustellen.

In der Hansestadt bekommt Ze Roberto das, was er in München nicht bekommen hat: Einen Zweijahresvertrag - aber ohne Option auf ein drittes Jahr, auch einen Job als Scout ist nicht Vertragsbestandteil. Gleich geblieben ist das Jahresgehalt - im Gespräch sind vier Millionen Euro.

Zwei Jahre für einen knapp 35-Jährigen? "Ich bin zwar 34, aber ich fühle mich wie 25", hatte Ze Roberto kürzlich gesagt und hinzugefügt, er traue sich noch "zwei, drei Jahre" auf hohem Niveau zu. Giovane Elber, derzeit als Talentscout für den FC Bayern in Brasilien tätig, sagte dem Abendblatt: "Ze könnte noch fünf Jahre Bundesliga spielen. Er hat immer vorbildlich als Profi gelebt, immer sehr auf seinen Körper geachtet." In der Saison 2002/03 hat Elber mit dem Linksfuß zusammengespielt, daher weiß er: "Ze hatte eine Super-Einstellung und nie eine schwerwiegende Verletzung - also kann er locker noch ein paar Jahre dranhängen."

Zwei, vielleicht sogar drei. Die Bayern hatten eine andere Politik. Mark van Bommel durfte nur eine Saison bleiben, und so sagte man, könne man einem Ze Roberto, der fast vier Jahre älter ist, nicht zwei Jahre offerieren. Ze lehnte ab, so endete seine zweite Bayern-Episode nach zwei Jahren. "Ich gehe mit einer großen Portion Stolz", sagte er, "ich habe den Verein durch das große Tor verlassen."

Nun will er beim HSV neu angreifen. Angebote mit aberwitzigen Gehaltsofferten von Klubs aus den Arabischen Emiraten den USA sowie von Manchester City schlug er aus. Weil er ein Familienmensch ist. Seine Frau Luciana und die drei Kinder Endrik, Miriá und Isabelli sollten sich im Herbst seiner Karriere nicht an eine neue Sprache und eine neue Kultur gewöhnen müssen. Also Hamburg. Also der HSV. Und da freut sich ein alter Bekannter, sein Ex-Bayern-Kollege Marcell Jansen: "Ze ist ein Super-Typ, auf den man sich blind verlassen kann. Er ist trotz seines Alters unglaublich fit, weil er der wohl professionellste aller Fußballprofis ist. Er zählte beim FC Bayern auch letztes Jahr noch zu den Führungsspielern. Auch deshalb ist Zé für mich einer der besten Spieler der Bundesliga. Mehr noch: Für mich ist er sogar einer der besten Spieler der Welt."

Und tatsächlich: Seine sechste Saison hat er in München gespielt, doch so schwungvoll und effektiv wie letztes Jahr hatte man ihn selten erlebt. 29 Bundesliga-Spiele, vier Treffer, lautete seine Bilanz. Seine ganze Klasse spielte er mit seiner Spielintelligenz und Übersicht gerade auch in der Champions League aus. Das will er auch mit dem HSV schaffen. Egal ob mit 34, 35 oder 36 Jahren.