Jacopo Sala war der letzte HSV-Torschütze gegen den Rekordmeister. Fink überlegt, ohne echte Spitze zu beginnen

Hamburg. Wenn die HSV-Profis Dennis Diekmeier und Tomas Rincon am Sonnabend (18.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) gegen den FC Bayern München auf dem Rasen der Imtech-Arena stehen, haben sie zumindest zum Anpfiff eines gemeinsam: Beide wissen trotz ihrer 70 oder 65 Bundesligaspiele nicht, wie es sich anfühlt, in Deutschlands Eliteklasse ein Tor zu erzielen. Rechtsverteidiger Diekmeier versprach schon im Sommer 2011 einen Mannschaftsabend auf eigene Rechnung, sollte er endlich einmal treffen - und wenn es bei seinem 71. Versuch ausgerechnet gegen die Bayern klappen sollte, darf sich das Team auf eine besondere Sause freuen.

Der letzte Hamburger, dem dieses Kunststück gegen die Münchner gelang, wird beim neuerlichen Aufeinandertreffen zunächst wohl auf der Bank oder sogar auf der Tribüne Platz nehmen müssen: Jacopo Sala. Der Italiener erinnert sich aber noch zu gut an den Führungstreffer aus dem letzten Heimspiel gegen den Rekordmeister. "Das war der schönste Moment meines Lebens. Ich kann mich an den Treffer noch erinnern, als wäre es gestern gewesen. Paolo Guerrero hat mir den Ball von links auf meinen rechten Fuß geflankt. Ich habe ihn dann volley genommen, er ist einmal auf dem Rasen aufgekommen und dann neben dem linken Pfosten ins Tor eingeschlagen. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, das tollste Tor meiner Karriere", erklärt der 20-Jährige, der am Sonnabend schon über einen Platz im Kader froh wäre - momentan haben ihm seine Konkurrenten im Mittelfeld den Rang abgelaufen.

In erster Linie sind natürlich die Offensivexperten gefragt, wenn es um das Thema Toreschießen geht. Doch Trainer Thorsten Fink denkt offenbar darüber nach, seine Sturmspitze Artjoms Rudnevs (drei Tore) zunächst auf der Bank zu lassen. "Ich habe drei Varianten im Kopf, die ich bis zum Anpfiff noch austesten will", erklärte der Coach. Beim gestrigen Training lief Rafael van der Vaart (ein Tor) als einziger Angreifer auf, doch auch der Niederländer ließ sich immer wieder zurückfallen und tauschte die Position mit den Flügelspielern Maximilian Beister (kein Tor) und Heung Min Son (fünf Tore). Von einer defensiven Grundausrichtung will Fink allerdings nichts wissen. Sein Team soll auch gegen den vermeintlich übermächtigen Gegner Druck machen und nach vorn spielen - egal mit welcher Aufstellung. "Wir hatten die Bayern im letzten Jahr am Rande einer Niederlage, damals haben wir uns auch nicht in der eigenen Hälfte versteckt, sondern die Gegenspieler frühzeitig und aggressiv gedoppelt."

So ruhen die Tor-Hoffnungen wohl in erster Linie auf van der Vaart, der während seines ersten Gastspiels beim HSV zwischen den Jahren 2005 und 2007 schon dreimal gegen den aktuellen Tabellenführer getroffen hat. Auch für den Niederländer sind das bleibende Erinnerungen. "Ein Tor in einem großen Spiel bleibt immer im Gedächtnis. Und Partien gegen die Bayern sind immer große Spiele."

Dass ein Erfolgserlebnis gegen den FCB mit wenig zu vergleichen ist, weiß auch André Breitenreiter. Der aktuelle Trainer des Regionalligaklubs TSV Havelse war im Jahr 1996 beim unglaublichen 2:1-Sieg des HSV über die Bayern der Torschütze zum Ausgleich in der 85. Minute. "Ich bekomme jetzt gerade, wo Sie mich auf diesen Moment ansprechen, schon wieder Gänsehaut. Dieser Treffer war neben meinem ersten Bundesligaspiel das Erlebnis schlechthin in meiner Profikarriere. Ein klassisches Abstaubertor, aber da wir die Partie durch das anschließende Tor von Uwe Jähnig noch komplett gedreht haben, wirkt es bis heute nach", sagt der 39-jährige ehemalige Stürmer.

Doch Breitenreiter wird am Sonnabend ebenso wenig für Gänsehaut-Momente sorgen können wie Horst Hrubesch, dem 1982 beim 4:3-Auswärtssieg des HSV in München in der 90. Minute das vermutlich legendärste Tor gegen die Bayern gelang, das seinem Klub den Weg zur Meisterschaft ebnete. Vielleicht ist es ja doch Rincon, der in seinem 66. Bundesligaspiel seine Torpremiere feiert und den FC Bayern erlegt. Sala hatte vor neun Monaten schließlich auch kaum jemand auf dem Zettel.