Der vor drei Jahren teuer eingekaufte Stürmer nutzt seine Chancen beim HSV nicht. Jetzt dürfte er im Winter zum Verkauf stehen

Der große Zlatan Ibrahimovic passt den Ball quer durch den Fünfmeterraum, und am langen Pfosten ist Marcus Berg zur Stelle und schießt den Ball mühelos zum 2:0 ins Tor. In jenes von Kasachstan. Endlich einmal ein Erfolgserlebnis für den schwedischen HSV-Profi, der in diesem WM-Qualifikationsspiel am 11. September in der 85. Minute eingewechselt worden war - als Nebenspieler des Weltstars Ibrahimovic. Alter Schwede!

In Hamburg hat dieser Berg aber offenbar weit weniger Glück. Seit seiner Verpflichtung im Sommer 2009, als der Schwede für die Wahnsinnssumme von mehr als zehn Millionen Euro vom FC Groningen verpflichtet wurde, konnte er sich nie einen Stammplatz erkämpfen. Der 26 Jahre alte Stürmer pendelt zwischen Tribüne, Ersatzbank und Rasen hin und her. An Marcus Berg scheiden sich die Geister. Beim HSV-Anhang ist er wieder einmal höchst umstritten.

Ist die Kritik berechtigt? Auf jeden Fall wurde der ehemalige schwedische U21-Nationalspieler vom HSV viel zu teuer eingekauft. In Groningen reiben sich die Verantwortlichen noch heute die Hände. Bergs Marktwert soll heute nur noch bei vier Millionen Euro liegen. Kein Wunder, an der Elbe wurde er seinem Ruf als Torjäger nie gerecht. Berg legt auf dem Platz ein gewisses Phlegma an den Tag, nur ganz selten zeigt er so etwas wie Emotionen. Er ist kein "Lautsprecher", gilt als introvertiert, möchte am liebsten seine Ruhe haben. Einen erfolgreichen Angreifer sollte eine gehörige Portion Frechheit auszeichnen, dazu Abgebrühtheit, Unbekümmertheit, Selbstbewusstsein und Draufgängertum. All das aber scheint Marcus Berg fremd zu sein.

In seiner ersten Saison beim HSV brachte es der Schwede auf 30 Bundesliga-Spiele. In acht Begegnungen wurde er aus-, in 14 Partien eingewechselt. Dann wurde Berg für eine Saison an den PSV Eindhoven ausgeliehen, die Niederländer verzichteten auf eine Kaufoption. 2011/12, wieder beim HSV, brachte es der Torjäger a. D. auf 13 Spiele, in denen er viermal ein- und viermal ausgewechselt wurde. Und in der aktuellen Spielzeit stand er gerade mal 139 Spielminuten auf dem Rasen. Ohne Tor.

Die sportliche Bilanz scheint mir nebensächlich zu sein. Die Fans des HSV kritisieren den Schweden vor allem deshalb, weil er ganz offenbar ohne Herz seinen Part abspult. Während in den schweren Zeiten fast alle HSV-Profis gelernt haben, mit Leidenschaft und Kampfgeist zur Sache zu gehen, blieb Marcus Berg seiner Linie treu. Er krempelt keine Ärmel auf, er spielt seinen Stiefel brav und bieder herunter. Und das bringt die Anhänger in Rage. "Der gute Mann merkt offensichtlich nichts", heißt es.

Dabei kann sich Berg nicht beklagen, er hätte keine Chance bekommen. Trainer Thorsten Fink setzte zum Saisonstart auf den Schweden, obwohl mit Artjoms Rudnevs ein neuer Stürmer als Ersatz für Guerrero und Petric gekommen war. Nun aber sitzt Berg auf der Bank, weil sich der lettische Torjäger kämpferisch gibt, dort hingeht, wo es wehtut, jedem Ball nachsetzt und Torgefahr ausstrahlt.

Solange Marcus Berg das nicht will (oder kann), solange er nicht um seinen Platz in der Mannschaft kämpft, ist für ihn nur die Auswechselbank oder gar die Tribüne reserviert. Und weil der HSV-Kader immer noch zu groß und zu teuer ist, müsste er im Winter einer jener Hamburger Spieler sein, die zum Verkauf anstehen. Wer jetzt die Zeichen nicht erkannt, dem ist nicht mehr zu helfen. An Marcus Berg scheiden sich nicht nur die Geister. Nein, Marcus Berg selbst steht am Scheideweg.

Die HSV-Kolumne "Matz ab" finden Sie täglich im Internet unter www.abendblatt.de/matz-ab