Der neue Präsident des HSV Hamburg ist ehrgeizig und will den Zuschauerschnitt steigern. Jansen droht Operation am Knie

Hamburg. Matthias Rudolph hielt sich erst einmal zurück. Die Rede zur Saisoneröffnung im Kreise von Spielern, Sponsoren und Vorstandsmitgliedern des HSV Hamburg überließ der neue Präsident des Handballvereins am Sonntagvormittag in der Eventlocation Elb-Panorama lieber Trainer Martin Schwalb. "Der macht das so schön", sagte Rudolph, "ich muss keine Reden halten, die sind sowieso nicht so gut."

Der 54 Jahre alte Bruder des langjährigen Mäzens und Präsidenten Andreas Rudolph wurde Anfang Juli vom Aufsichtsrat einstimmig zum neuen HSV-Boss gewählt. Lange Zeit gehörte der Apotheker dem Aufsichtsrat des Vereins an und trat als Sponsor auf. Nun wird er die Geschicke des Klubs aktiv mitgestalten. Seine Vision: "Ein Zwölftausender-Zuschauerschnitt. Wir müssen erreichen, dass die Hamburger sagen: Da will ich dabei sein!"

Rudolph ist Unternehmer, einer, der sich mit Zahlen und Bilanzen auskennt. Sein Anliegen, das Publikumsinteresse am Nordklub zu steigern - der Zuschauerschnitt lag in der vergangenen Saison bei 10 383 - und neue Sponsoren zu generieren, nimmt Rudolph ernst. Auch deshalb fuhr er am Sonntag um sieben Uhr in der Frühe von seinem Wohnort Bochum mit dem Auto rund 350 Kilometer in den Norden, um dabei zu sein, wenn das Team offiziell in die neue Saison startet. "Wir müssen erfolgreich sein, sonst blüht irgendwann die Sporthalle Hamburg statt der O2 World", sagt Rudolph. Dass die Mannschaft um Kapitän Pascal Hens nach Platz vier und einer zuletzt schwachen Bundesligasaison das Potenzial besitzt, wieder ganz vorne mitzuspielen und die Menschen zu begeistern - daran hat Rudolph keinen Zweifel. "Wir müssen die ersten vier Spiele gewinnen. Ich halte das für realistisch", so der 54-Jährige.

Auf der Auswechselbank will Rudolph - anders als zuletzt sein Bruder - aber nicht Platz nehmen. "Ich bin doch nicht verrückt", sagt er und betont, dass sein Bruder und das Team damals lediglich demonstrieren wollten: "Diese kleine Einheit hält zusammen."

Zusammenhalt und die soziale Komponente sind es auch, die Rudolph am HSV besonders schätzt. "Hier wird niemand fallen gelassen", sagt er und gesteht, dass der Verein durch den Wechsel der Brüder Guillaume und Bertrand Gille zum französischen Klub Chambéry in einer Umbruchphase stecke. "Aber man kann auch nicht nur mit jungen Spielern agieren - ohne Spitzenspieler geht es nicht", sagt Rudolph. Einer von ihnen ist Torsten Jansen. Der 35-Jährige leidet seit längerer Zeit an einer Reizung der Patellasehne im Knie. Nach Abendblatt-Informationen wird sich in der kommenden Woche entscheiden, ob sich der Linksaußen eventuell doch noch einer Operation unterziehen muss. Für den HSV wäre das eine neue Hiobsbotschaft, da Jansen zu den zentralen Figuren im Abwehrsystem der Hamburger gehört. Ob die Neuzugänge den ehemaligen Nationalspieler ersetzen können, ist mehr als fraglich. Kreisläufer Andreas Nilsson, 22, der gestern mit Schweden Silber bei den Olympischen Spielen in London gewann, gilt als nicht sehr abwehrstark, spielte bei Olympia lediglich im Angriff. Der neue Halbrechte Stefan Terzic, 18, ein schmächtiger Spielertyp, soll langsam aufgebaut werden und ist längst nicht so erfahren wie Jansen.

Bleibt zu hoffen, dass der Ex-Weltmeister ohne Operation wieder fit wird. Mit Verletzungssorgen hatte der HSV zuletzt genug zu kämpfen.