Dass der HSV in den Testspielen keine Tore schießt, ist 14 Tage vor dem Bundesligastart besorgniserregend

"Die Null muss stehen!" Diesen Spruch hat einst Trainer Huub Stevens in der Bundesliga salonfähig gemacht. Der bärbeißige Niederländer hatte dabei aber natürlich an die defensive Null gedacht, seine Mannschaft sollte kein Gegentor kassieren. Eine clevere Taktik, denn so kann das Team schon mal nicht verlieren. Beim HSV steht in diesen Tagen leider eine ganz andere, die falsche Null: Der HSV anno 2012/2013 schießt einfach keine Tore. Ganz eisern hieß es in den Testspielen 0:1 gegen Dortmund, 0:1 gegen die Bayern und 0:0 gegen den dänischen Meister Nordsjaelland. Und weil dem so ist, sorgen sich allmählich immer mehr HSV-Anhänger um ihren Klub. In 14 Tagen beginnt die neue Bundesligasaison, und die HSV-Stürmer sind noch immer gedanklich in der Sommerpause.

"Ich mache mir große Sorgen um den HSV, ich habe Angst, dass es erneut eine solche Seuchensaison geben wird wie in der vergangenen Spielzeit." Das habe ich kürzlich dem Vorstandsvorsitzenden Carl-Edgar Jarchow unter vier Augen offenbart. Abgesehen davon, dass er nicht völlig entsetzt über meine Ansprache war, sagte er noch: "Angst ist ein schlechter Ratgeber ..."

Das mag wohl in den meisten Fällen stimmen, im Zusammenhang mit dem HSV aber ist dieser Spruch kaum hilfreich. Denn woran sollen sich die leidgeprüften HSV-Fans denn in diesen schweren Zeiten orientieren, wenn nicht an den Ergebnissen der Testspiele? Und die verlaufen bislang alles andere als zufriedenstellend - von ermutigend möchte ich gar nicht erst reden. Die Null steht vorne, und das ist kein gutes Zeichen, im Gegenteil, jetzt müsste im Volkspark schon so etwas wie Alarmstimmung herrschen. Im Sturm ist der Wurm, und mir scheint es, als hätten das die Verantwortlichen überhaupt noch nicht im vollen Umfang erkannt.

Natürlich kosten besonders jene Männer, die Tore schießen sollen, immer besonders viel Geld. Und selbstverständlich hat es sich längst herumgesprochen, dass der HSV kein Geld hat. Aber, und das wurde der Vereinsführung in jüngster Vergangenheit schon oft vorgerechnet: Ein Abstieg in Liga zwei käme dem Traditionsklub von der Rothenbaumchaussee wesentlich teurer zu stehen. Ganz abgesehen vom Renommee des HSV in Deutschland und der ganzen Welt. Wenn der "Dino" in der 50. Bundesligasaison baden geht, dann ist an der Waterkant für lange Zeit Ebbe.

Besorgniserregend ist in diesem Zusammenhang, dass Trainer Thorsten Fink jetzt (!) noch mit Sportchef Frank Arnesen über "eventuell einen jungen, kopfballstarken Mann für den Sturm" reden möchte. Warum erst jetzt? Warum sind vor den so offensichtlichen Problemen im Angriff so lange die Augen verschlossen worden? Alarmierend ist ebenfalls, dass Thorsten Fink seine beiden Angreifer Marcus Berg und Artjoms Rudnevs für Bundesliga-konkurrenzfähig hält. Erschreckend auch, dass der Trainer auf das Prinzip Hoffnung setzt: "Die Stürmer brauchen das Vertrauen, und sie brauchen ein Erfolgserlebnis. Dann geht es von ganz allein. Dann werden sie auch mal angeschossen - und Tor. So geht das im Fußball. Man muss es nur immer wieder probieren."

Herr Fink, bei allem Verständnis und bei aller Liebe zum HSV, so kann das nichts werden! Sie müssen jetzt handeln - oder handeln lassen. Der HSV braucht nicht nur einen neuen Stürmer, sondern gleich zwei. Ich bin nicht der Einzige, der Angst um die drei großen Buchstaben aus Hamburg hat. Da ist es völlig egal, ob Angst nun ein schlechter Berater ist.