Das Vereinsidol macht sich Sorgen über die Personalpolitik: “Ich behaupte sogar, wir bräuchten für vorn noch einen richtigen Brecher.“

Hamburg. Uwe Seeler ist die große Ausnahme. Er ist einer der ganz wenigen HSVer, die am Millerntor gern gesehen sind. "Und das beruht auf Gegenseitigkeit", so Seeler beim gestrigen Dreh eines Werbespots für die PSD-Bank Nord. Zusammen mit den St.-Pauli-Profis Fabian Boll und Florian Kringe posierte das HSV-Idol auf für ihn ungewohntem Terrain - im Millerntor-Stadion. Und Seeler war ein guter Gast. "Ich vertraue der PSD-Bank. Und ich hoffe auf Derbys gegen den FC St. Pauli. Der leistet gute Arbeit. Ich hoffe, dass sie der guten letzten Saison eine noch bessere folgen lassen und aufsteigen."

Lobende Worte - die er für seinen Verein dann nicht mehr fand. Im Gegenteil. Seeler macht sich Sorgen um den HSV. Mal wieder. "Meine Frau hat letztes Jahr miterlebt, wie ich mich verändert habe, wie mich das Zittern um den HSV verändert hat. Ich hätte richtig abgebaut, sagt sie. Und ganz ehrlich: Es wird nicht besser. Ich bin absolut noch nicht zufrieden. Ich hatte gehofft, dass der HSV schon weiter ist. Noch muss bei unserem HSV sehr viel passieren." Zwei Neuzugänge seien das Minimum. Im Mittelfeld ein Kreativer und dazu noch ein Abwehrspieler, vorzugsweise für die Innenverteidigung. "Das brauchen wir, um wenigstens ein wenig Sicherheit zu haben. Hinten müssen wir besser werden. Wir dürfen nicht mehr so viele Tore kassieren."

Seeler geht noch weiter. "Ich behaupte sogar, wir bräuchten für vorn noch einen richtigen Brecher." Weil der HSV mit Mladen Petric und Paolo Guerrero zu viel Qualität abgegeben und mit Artjoms Rudnevs zu wenig dazugeholt hat? Seeler: "Von Qualität darf man in dem Zusammenhang nicht reden. Schlechter kann es nicht werden."

+++ "An Liebe und Fürsorge hat es uns nie gefehlt" +++

Weder die Abgänge noch Zugang Artjoms Rudnevs haben den ehemaligen Weltklassestürmer überzeugt. "Rudnevs ist in einer neuen, stärkeren Liga. Das wird hart für ihn, und wir sollten ihm Zeit geben." Wie dem HSV an sich. Der Neuaufbau sei gut. "Aber dafür brauchen wir die Bundesliga. Die Erste! Und die müssen wir zuerst sichern. Dafür müssen ältere Spieler führen." Deshalb werde er David Jarolim, der keinen neuen Vertrag beim HSV bekam, vermissen. "Ich hätte Jaro niemals abgegeben. Er hätte noch ein Jahr geführt. Er war das positive Beispiel, das die nachkommenden Spieler brauchen. Und so einen brauchen wir jetzt neu. Es reicht nicht zu hoffen, dass wieder zwei, drei Mannschaften schlechter sind. Das Risiko ist zu groß."

Uwe Seeler will Stadtderbys sehen. Aber in der Ersten Bundesliga. Und dafür seien gute, neue Spieler nötig. Möglichst schnell. "Jetzt müssen alle mal in die Socken kommen", so Seeler, "auch wenn ich weiß, dass unser Sportchef Frank Arnesen das weiß - aber je später die Transferperiode, desto schwieriger wird es, die Guten zu bekommen."

Als Druck von außen möchte Seeler seine Forderungen dabei nicht verstanden wissen. Im Gegenteil, er sei eher der Typ Optimist. Immer. Er habe auch nur einen Wunsch an die HSV-Verantwortlichen: "Ich wünsche mir nur, dass alle die Situation ausreichend ernst nehmen. Ich verlange ja nur, dass wir im gesicherten Feld der Tabelle landen." Aber so weit sei der HSV noch nicht. "Ich habe das Spiel gegen Barcelona gesehen. Bei allem, was man entschuldigen kann - es gab doch noch zu viele Dinge, die letztes Jahr schon falsch gelaufen sind und die noch immer nicht behoben sind."