Es war einmal ... So beginnen viele Märchen. Auch solche, die der Fußball schreibt. Es war einmal ein Bursche, der fragte seine Mutter im tiefsten Bayern, ob sie ihm denn raten würde, nach Hamburg zu gehen. Und weil die Mama dem Sohn die schönste Stadt der Welt wärmstens ans Herz legte, machte sich der Sohn aus dem süddeutschen Mittenwald auf die Reise. Und damit begann ein wunderschönes und modernes Fußballmärchen.

Daran war noch nicht zu denken, als der junge Mann beim HSV als Masseur anheuerte. Doch nun ist er seit Jahrzehnten der Liebling der Massen, schon zu Lebzeiten eine Legende - er ist Kult. Hermann Rieger ist aber vor allem eins: ein großartiger Mensch. Und er ist ein großes Vorbild für jeden Profi der Zunft, weil er seinen Beruf mit Liebe ausgeübt, weil er seinen Verein voller Leidenschaft gelebt, weil er in wirklich jeder Lebenslage ein offenes Ohr und ein großes Herz für alle Fans gehabt hat. Immer. "Ich liebe die Menschen, und ich habe von meinen Eltern gelernt, dass einem freundlich begegnet wird, wenn man jedem Menschen ebenso entgegentritt", sagt Rieger.

Der heute 70-Jährige hat vor Jahren seine Frau durch Krebs verloren, er kämpft seit langer Zeit ebenfalls mit dieser heimtückischen Krankheit, aber es hindert ihn nicht, stets für andere da zu sein. Wenn der HSV am Sonnabend gegen den FC Augsburg spielt, betreut Hermann Rieger eine junge Fußballerin, die ihren Sport wegen einer Querschnittslähmung aufgeben musste.

Typisch Hermann. Immer hilfsbereit. Das hat ihn in Hamburg, in Deutschland und auch in Europa so berühmt gemacht. Als in dieser Woche die Weltstars um Zidane, Ronaldo, Figo und Co. im Volkspark aufgespielt haben, wurde Hermann lange nach dem "Match against poverty" noch kurz in die Kabine der Unparteiischen gebeten. Der ehemalige Weltschiedsrichter Pierluigi Collina hatte dies veranlasst: Der Italiener wollte, als Andenken an Hamburg und den HSV, ein gemeinsames Foto mit Hermann Rieger.

Als "Hermann the german" danach aus der Kabine trat, war er total überwältig und stammelte nur - und genau das macht ihn so überaus sympathisch und liebenswürdig: "Unfassbar, unglaublich, der große Collina wollte ein Foto mit mir. Mit mir - das ist doch alles nur ein Traum . . ."

Nein, es ist ein Märchen. Und zwar eines, dass sich jeder Profi(-Fußballer) ruhig zu Herzen nehmen sollte, denn: Wer Mensch bleibt, wer mit Demut durch das Leben geht, wer geben kann, wer ohne den kleinsten Hauch von Arroganz durchs Leben geht, der wird geliebt, verehrt und geehrt. Wie Masseur Hermann Rieger. Sein Märchen, da bin ich mir ganz sicher, hat lange noch kein Ende gefunden.