Am Mittwoch läuft Cardosos 15-Tage-Frist ab. Sportchef Arnesen garantiert, dass in Freiburg ein Trainer mit Lizenz übernimmt. Nur wer?

Hamburg. Am Ende eines regelrechten Interview-Marathons blieb Sportchef Frank Arnesen, der mit einem zerknüllten Taschentuch gegen eine Vielzahl von Schweißperlen auf der Stirn kämpfte, nur noch die Flucht in die Ironie. "Ich habe mit Morten Olsen, Marco van Basten, Louis van Gaal, Ricardo Moniz und Horst Hrubesch gesprochen", beantwortete der Däne etwas sarkastisch die Frage, ob er tatsächlich auch mit Sergej Barbarez ein, wie es der Bosnier zuvor via TV verkündet hatte, "kleines Gespräch" geführt habe. "Garantieren kann ich nur eines: Beim kommenden Spiel in Freiburg wird ein Trainer mit einer gültigen Lizenz auf unserer Bank sitzen." Nur wie der heißt, wollte, oder besser: konnte Arnesen am späten Sonntag noch nicht verraten.

Ziemlich genau zwei Wochen nach der Entlassung Michael Oennings ist somit klar, dass noch immer nichts klar ist. Fest scheint lediglich zu stehen, dass Rodolfo Cardoso von der Deutschen Fußball-Liga nicht die beantragte Fristverlängerung bekommen wird. "Es wäre nicht wirklich überraschend, wenn die Liga unseren Antrag ablehnt", sagte Vorstand Joachim Hilke, der vor einer Woche schriftlich um eine Ausnahmeregelung für Cardoso, dem die nötige Fußballlehrerlizenz fehlt, gebeten hatte. Offiziell darf der Argentinier lediglich bis zum Mittwoch als Übergangstrainer des HSV wirken, ehe die begrenzte Interimszeit von 15 Tagen abgelaufen ist. Inoffiziell machte die DFL deutlich, dass weniger dieser Mittwoch als vielmehr der übernächste Sonntag, wenn der HSV beim SC Freiburg spielen muss, entscheidend ist. Dann, und das dürfte der HSV in den kommenden Tagen noch einmal schriftlich bekommen, muss ein Trainer mit Lizenz beim HSV das Kommando übernehmen. "Ich wusste ja von Anfang an, dass es keine Sondergenehmigung geben wird", sagte Cardoso nach dem Spiel gegen Schalke.

Die Möglichkeit, die DFL-Regularien durch einen Griff in die Trickkiste zu umgehen, hatte Arnesen bereits in der Vorwoche ausgeschlossen. So könnten theoretisch auch er selbst, Co-Trainer Frank Heinemann oder Torwarttrainer Ronny Teuber, alles Inhaber der so wichtigen Fußballlehrerlizenz, den lizenzlosen Cardoso unterstützen. Praktisch wird es zu einer derartigen Konstellation, da legte sich Arnesen fest, aber nicht kommen: "Wir nehmen die Regularien der DFL sehr ernst, wollen den offiziellen Weg gehen."

Somit bleibt dem 55-Jährigen nichts anderes übrig, als in der Länderspielpause die ernsthaften Gespräche, egal ob kleine oder große, mit möglichen Trainerkandidaten zu intensivieren und umgehend zu einem Abschluss zu kommen. Und obwohl es längst kein Geheimnis mehr ist, dass sich Arnesen sehr gut eine Lösung mit Landsmann Morten Olsen vorstellen könnte, wird das mit Sicherheit nicht die einzige Option bleiben. Schließlich kann Wunschtrainer Olsen vor dem Ende der EM-Qualifikation am kommenden Dienstag keine Entscheidung über seine persönliche Zukunft treffen. Zur Erinnerung: Dänemark spielt noch gegen Zypern (Freitag) und Tabellenführer Portugal (Dienstag), wäre mit zwei Siegen für die EM oder mit vier Punkten zumindest für die Play-offs qualifiziert. Lediglich bei zwei sieglosen Spielen, was unwahrscheinlich ist, dürfte Olsen tatsächlich sofort für den HSV zu haben sein.

Die Liste mit Alternativlösungen ist lang, größtenteils aber noch unbekannt. Salzburgs Trainer Ricardo Moniz hat gestern erneut gegenüber dem Abendblatt ein Gespräch mit Arnesen bestätigt, betonte dabei aber, dass es lediglich ein informeller Gedankenaustausch gewesen sei. Diskutiert wurden im Vorstand auch die Namen von Marco van Basten (vereinslos), Dragan Stojkovic (Nagoya Grampus Eight), Dieter Hecking (1. FC Nürnberg) und Michael Laudrup (vereinslos), anders als im Fall von Huub Stevens kam es aber bei keinem der vier zu einem Treffen.

Den Versuch einiger früherer HSV-Granden, U-18-DFB-Trainer Horst Hrubesch zu empfehlen, scheint bei Arnesen in etwa so viel Gehör zu finden wie Barbarez' Versuch, sich selbst zu empfehlen. Geradezu innovativ klingt da schon der Ratschlag von Fast-HSV-Sportchef Matthias Sammer, der Arnesen via Sky einen echten Geheimtipp ans Herz legte: "Der Trainer muss zur Gesamtstruktur des HSV passen."

Thomas Doll, auch das sollte an dieser Stelle noch kurz erwähnt werden, war am Wochenende in Hamburg, hatte nach eigener Aussage aber keinerlei Kontakt mit einem der aktuellen Entscheidungsträger des HSV. Am heutigen Dienstag sitzt der frühere Hamburger bereits wieder im Flieger in die neue Wahlheimat Saudi-Arabien. Die gute Nachricht zum Schluss: Im Gegensatz zu Barbarez werden Anthony Yeboah, Ailton und Jörg Albertz noch keine allzu großen Ambitionen auf den vakanten HSV-Posten nachgesagt. Noch nicht.