Kölns Trainer Solbakken und HSV-Coach Oenning stehen vor dem Kellerduell in der Imtech-Arena unter Druck. Nur ein Sieg bringt Entlastung.

Hamburg/Köln. Zumindest im hohen Norden Europas hat sich die Bedeutung der Bundesligapartie zwischen dem HSV und dem 1. FC Köln (Sa, 15.30 Uhr/Sky) längst herumgesprochen. Besonders in Norwegen, der Heimat von FC-Coach Stale Solbakken, wird das Duell des Tabellenletzten gegen den Vorletzten mit erhöhter Aufmerksamkeit verfolgt. So haben die beiden Osloer Tageszeitungen "Verdens Gang" und "Dagbladet" ihre Reporter für das Kellerduell längst akkreditiert, das norwegische Staatsfernsehen NRK hat sich erst in letzter Minute dagegen entschieden, ein Kamerateam nach Hamburg zu schicken. Solbakken sei nach dem 1:1-Unentschieden gegen Kaiserslautern nicht mehr in akuter Gefahr, seinen Job zu verlieren, lautete die Begründung, deren Wahrheitsgehalt sich allerdings nicht empirisch nachweisen lässt.

Glaubt man den Verantwortlichen hüben wie drüben, braucht sich weder Kölns Stale Solbakken, 43, noch Hamburgs Michael Oenning, 45, ernsthafte Gedanken zu machen. "Ich verspreche, dass Stale für mindestens 68 Bundesligaspiele unser Trainer ist", sagte FC-Sportchef Volker Finke, der lange genug im Geschäft dabei ist, um zu wissen, dass derartige Aussagen die Lebensdauer einer Eintagsfliege haben. Und auch in Hamburg sahen sich Klubchef Carl Jarchow und Sportchef Frank Arnesen nach der deftigen 0:5-Niederlage gegen Bayern München in der Pflicht, sich öffentlich zu ihrem Trainer zu bekennen "Natürlich ist es ein gutes Gefühl, wenn man so ein Bekenntnis hört", sagte gestern HSV-Trainer Michael Oenning, der ebenfalls lange genug im Geschäft ist, um zu wissen, dass man als Trainer am liebsten gar nicht erst über Bekenntnisse und Treueschwüre befragt wird.

Klar ist vor dem Spiel am Fuß der Tabelle nur eines: Der Verlierer der Partie dürfte in den Tagen und Wochen nach dem Duell nichts anderes gefragt werden. "Es würde uns schon helfen, wenn wir das Spiel gewinnen", sagte der studierte Deutschlehrer Oenning und ließ dabei offen, ob er statt des Plurals in diesem Fall nicht lieber den Singular hätte benutzen sollen. Die medialen Diskussionen um Oenning und Solbakken zeigen aber vor allem, wie grotesk schnelllebig das Bundesligageschäft ist.

Es ist keine drei Monate her, da bemühte Kölns berühmt-berüchtigte Presse Zeugen aus allen Winkeln Europas, die den Arbeitsstil Solbakkens würdigen sollten. Der frühere Frankfurter Jan-Age Fjörtoft nannte seinen Landsmann "ein Trainer-Wunderkind", Kopenhagens Sportchef Carsten Jansen beteuerte, dass Kölns Verantwortliche die "vielleicht beste Entscheidung seit 50 Jahren getroffen" hätten, und HSV-Sportchef Arnesen urteilte, dass sein Freund nicht nur Teams, sondern auch einzelne Spieler besser machen würde. Selbst die "Süddeutsche Zeitung" erinnerte daran, dass Solbakkens Spitzname "Salvatore" sei - der Retter.

Wenige Wochen später muss der Retter vor allem sich selbst retten. Seine ihm heilige "Zonen-Abwehr", mit der schon vor 20 Jahren Norwegens Nationaltrainer Egil Olsen Erfolg hatte, würden weder die Fachleute noch die eigenen Spieler verstehen, konnte man lesen. Solbakken, der 2001 nach einem Herzstillstand reanimiert werden musste, möchte sich aber nicht beirren lassen und besteht darauf, dass seine Fußballphilosophie in jedem Team funktioniere - sogar beim FC, den er nun reanimieren will.

Ausgerechnet ein Hamburger dürfte sich bestens in das Innenleben des Kölner Coaches hineinversetzen können. So ist Trainerkollege Oenning, der kurioserweise im März beim HSV den Vorzug gegenüber Solbakken erhielt, in dieser Woche nicht nur in Erklärungsnot, warum er welches System gerade spielen lässt, sondern muss auch unangenehme Fragen zu einer internen Mannschaftssitzung beantworten. So berichtete die "Sport Bild", dass Oenning in einer Besprechung vor dem Bayernspiel vor Stürmer Miroslav Klose gewarnt habe, der seit Sommer in Rom spielt. "Ein freudscher Versprecher" sei das gewesen, sagte Oenning, der genau weiß, dass so ein Thema kein Thema ist, wenn sein Verein auf der anderen Seite der Tabelle zu finden ist. "Grundsätzlich ist das eine Katastrophe, dass Interna nach außen gelangen", sagte Oenning gestern und ergänzte wenig glaubhaft, dass ihn derartige Diskussionen wenig bis gar nicht interessieren.

Ähnliches sagte Solbakken auch zum Fall Lukas Podolski, dem der Norweger in einer seiner ersten Amtshandlungen die Kapitänsbinde entzogen hatte. "Am Beispiel Köln sieht man doch, wie man eine Kapitänsdiskussion besser nicht führt", hatte damals sogar Oenning seinen Kollegen ziemlich direkt kritisiert. Solbakken wusste offenbar nicht, dass es in Köln gleich zwei Heiligtümer gibt: den Dom und Prinz Poldi. Er habe die mediale Diskussion, die Podolskis Degradierung nach sich zieht, so nicht erwartet, sagte Solbakken, der nur hoffen kann, dass das heimatliche Staatsfernsehen auch beim nächsten Spiel kein Kamerateam schicken wird. Beenden, das wissen Solbakken und Oenning unisono, kann man ungewollte Debatten ohnehin nur mit Siegen. Das Problem: Gewinnen kann im Fußball meistens nur einer.