Spielt Bruma zu gut, könnte der HSV ein Problem mit Chelsea bekommen. Elia steht auf der Verkaufsliste, um die Klubkasse aufzufüllen.

List. Bernd Wehmeyer ist als Cheforganisator des HSV ja einiges gewohnt. Aber was der Klubmanager sah, als er das Sylter Stadion inspizierte, war einmalig. Über Nacht hatten Kaninchen den Rasen nach Herzenslust umgepflügt. "Hier kann auf keinen Fall gespielt werden, die Verletzungsgefahr wäre zu groß. Unter dem Grün hatten sich Hohlräume gebildet", lautete das Urteil Wehmeyers. Der Test gegen die Nordfriesland-Auswahl (18.30 Uhr) war akut gefährdet.

Kurzfristig disponierten Veranstalter und HSV um. Nach dem Okay der Kurverwaltung und des Ordnungsamts wird nun auf dem Trainingsplatz in List gespielt. Als besonderen Service holt der HSV-Bus nun die gegnerischen Spieler vom Bahnhof ab, die zu Fuß zum Stadion in Westerland laufen wollten.

Immerhin, nach diesem kuriosen Höhepunkt lief alles andere glatt. Neuzugang Jeffrey Bruma traf mit Eljero Elia (und Dennis Aogo, Jonathan Pitroipa und Mladen Petric) auf Sylt ein.

Noch vor Kurzem schien sich das Ende der Holland-Ära beim HSV anzubahnen. Ruud van Nistelrooy weg, Joris Mathijsen vor dem Abschied, Elia auf der Verkaufsliste, um die leere Klubkasse aufzufüllen, Romeo Castelen als Dauerverletzter vor dem Aus.

Gekommen ist es anders. Elia steckt voller Tatendrang, Castelens Knie hält. Und mit Bruma stößt jetzt ein Niederländer zur Mannschaft, der in seiner Heimat als ganz heiße Ware gehandelt wird. Während der Südamerikareise gegen Uruguay kam er zu seinem zweiten Länderspiel im Oranje-Team und könnte Mathijsen auf Sicht nicht nur beim HSV auf seiner Lieblingsposition, der Innenverteidigung, beerben, sondern auch im Nationaltrikot.

Am Nachmittag stand Bruma das erste Mal mit seinen neuen Kollegen auf dem Platz. Gut informiert über den HSV war er bereits vor dem Start. "Ich habe mit Nigel de Jong und Khalid Boulahrouz über Hamburg gesprochen, sie haben mir nur Gutes erzählt", sagte der entspannte und überraschend reif wirkende 19-Jährige. "Khalid hat sofort angefangen, deutsch mit mir zu reden."

Die sprachliche Eingewöhnungszeit dürfte jedoch relativ kurz ausfallen. Vom Unterricht während seiner Schulzeit ("Ich hatte zwei, drei Jahre Deutsch") konnte er offensichtlich viel behalten, wie er mit seinem beachtlichen Wortschatz bewies. Alleine dürfte sich Bruma sowieso nicht fühlen angesichts der anderen Neuzugänge vom FC Chelsea, Gökhan Töre, Jacopo Sala und auch Michael Mancienne.

Mit dem englischen U-21-Nationalspieler wird Bruma allerdings in einen direkten Konkurrenzkampf um einen Platz in der Startelf treten, da Kapitän Heiko Westermann mit seiner Erfahrung einen klaren Vorsprung hat und für die nötige Stabilität sorgen soll. Sollten sowohl Bruma, der mit Chelsea und Leicester City wertvolle Erfahrungen in der Premier League sammelte, und der von Sportchef Frank Arnesen hochgelobte Mancienne sofort einschlagen, gäbe es nur die Alternative, dass Westermann ins defensive Mittelfeld wechselt, wo er auch schon in der vergangenen Saison mehrfach spielte.

Das Problem mit Bruma: Macht der Jungstar beim HSV mit starken Auftritten auf sich aufmerksam, würde er die Hamburger zwar damit erfreuen, aber mit dieser Eigenwerbung die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass er häufiger für die Niederlande zum Einsatz kommt und sogar den Sprung in den Kader für die EM in Polen und der Ukraine schafft. In der Folge droht dann die Gefahr, dass Chelsea seine Klausel im Vertrag mit dem HSV nutzt und ihn bereits im Sommer 2012 zurückholt. Lassen die Londoner diese Frist verstreichen, würde das Leihgeschäft erst nach zwei Spielzeiten enden und der HSV besäße eine Kaufoption.

Doch so weit denkt Bruma nicht. "Der HSV ist die beste Lösung für mich, hier möchte ich mein Spiel weiterentwickeln", sagt der Defensivmann, den seine Eltern in den ersten Wochen unterstützen werden. Seine Freundin Jorja, die in den Niederlanden studiert, wird nur ab und zu in Hamburg sein.