Die HSV-Legende schreibt einen offenen Brief an Gerd Krug, der heute beerdigt wird

Hamburg. Er galt als Schöngeist, als Intellektueller und seine Meinung war gefragt: Gerd Krug. Der ehemalige Meisterspieler des HSV und Aufsichtsrat wurde 74 Jahre alt und wird heute um 10 Uhr in Nienstedten beerdigt.

Neben seiner Familie werden ihn auch viele Weggefährten aus seiner langen Zeit beim HSV auf seinem letzten Gang begleiten. Krug absolvierte von 1956 bis 1966 insgesamt 240 Spiele für den HSV, war Mitglied der Meistermannschaft von 1960 und Gewinner des DFB-Pokals 1963. Er spielte 22 Partien in der 1963 gegründeten Bundesliga. Doch auch nach seiner aktiven Zeit blieb der ehemalige Journalist ("Welt", "Stern") eng mit dem Verein verbunden. Zuletzt wurde er im Oktober 2008 als Delegierter der Senioren-Abteilung in den Aufsichtsrat gewählt. Unmittelbar vor seinem Tod legte er sein Mandat nieder. HSV-Idol Uwe Seeler, der zehn Jahre lang Seite an Seite mit Krug für den HSV spielte, hat für das Abendblatt einen offenen Brief an seinen Freund geschrieben.

Lieber Gerd! Ich befinde mich zurzeit auf dem berühmten ZDF-Traumschiff MS Deutschland. Ich erlebe faszinierende Landschaften, darf fremde Kulturen in Russland, Schweden und Dänemark bestaunen. Doch trotz dieser tollen äußeren Einflüsse muss ich an Dich, meinen lieben Freund, denken. An Deinen tragischen, so unbegreiflichen Tod. An Deine Familie, die Kinder, Deine wunderbare Birgit. Und - an unsere gemeinsame Zeit als Mannschaftskameraden beim HSV. Du, der "Studierte". Du, zusammen mit Jürgen Werner und Uwe Reuter unser "Intellektuellen-Trio", die "Schlauen", wie wir euch flachsten. Überhaupt: Flachs, Humor, Fröhlichkeit. Darin waren wir Deutscher Meister, darauf basierte unsere Kameradschaft. Und eine Kameradschaft verkraftete auch Kritik. Kritische Worte haben uns stark werden lassen. Du, lieber Gerd, hast dazu eine Menge beigetragen. Du warst schon damals ein Abwehrspieler moderner Prägung. Imponierend Deine Technik und Spielintelligenz. Du warst ein Top-Spieler. Du warst ehrgeizig, ja. Aber nicht krankhaft. Du warst hart, ja. Aber nie unfair. Du warst mit Dir und anderen kritisch, ja. Aber Deine Kritik war nie verletzend. Wir alle haben den Fußballer und Sportfunktionär Gerd Krug bewundert. Wir alle hatten aber auch Hochachtung vor dem Journalisten Gerd Krug. Ich bin dem Abendblatt sehr dankbar, dass ich Dir diese Gedanken schreiben darf. Sie kommen aus der Ferne von ganzem Herzen. Ilka und ich werden Dich, wie alle, nie vergessen. Wie oft trösten wir uns mit den fünf Worten: "Die Zeit heilt alle Wunden." Ich lieber Gerd spüre, dass ich sehr, sehr viel Zeit benötige. Hab' Dank für unvergessliche Jahre! Auf Deiner letzten Reise begleiten Dich Dein Uwe und Deine Freundin Ilka, weitentfernt von Hamburg. Aber ganz nah bei Dir.

Dein Uwe