Mancienne, Neuzugang vom FC Chelsea, ist ein Schlüsselspieler für Sportchef Frank Arnesen - van Nistelrooy wechselt vom HSV nach Malaga.

Hamburg. "Ganz einfach: Mänschiehn, die Betonung auf der ersten Silbe." Frank Arnesen erteilte gerne Nachhilfe, wie denn sein erster Transfer Michael Mancienne korrekt ausgesprochen wird, und lobte ausgiebig die Vorzüge des Defensivspezialisten, der bevorzugt in der Innenverteidigung spielt: "Michael ist kein typischer englischer, mehr ein internationaler Verteidiger, schnell, zweikampfstark, gutes Kopfballspiel. Er hat das Potenzial, sich in Englands A-Team durchzusetzen."

Für den 23-Jährigen zahlt der HSV bis zu 2,5 Millionen Euro. Eine Ablöse, die Arnesen als sehr moderat empfindet, schließlich hätte der FC Chelsea noch vor einem Jahr ein Angebot von Wolverhampton über 4,5 Millionen Euro ausgeschlagen. Mancienne sei ein Spieler, der auch dank seiner Erfahrung sofort den Sprung in die Stammelf schaffen könnte, glaubt der Däne.

Ob mit Jeffrey Bruma der nächste Londoner Profi verpflichtet werden kann, entscheidet sich innerhalb der kommenden zwei Wochen: "Er ist noch eine Woche bei der niederländischen Nationalmannschaft, dann treffen wir uns", kündigte Arnesen an.

Beim Treffen im Hotel Elysée wirkt der 54-Jährige entspannt. Letzte Nacht habe er sogar auf Deutsch geträumt, sagt das Sprachentalent (spricht Dänisch, Englisch, Deutsch, Holländisch, Spanisch und Französisch fließend). Um sieben Uhr schwitzte er auf dem Crosstrainer. Privat ist bereits alles zur Zufriedenheit geregelt, am 11. Juni kann er mit seiner Familie eine Wohnung in Eppendorf beziehen. Die vielen offenen Fragen im HSV-Kader scheint er nicht als belastend, sondern motivierend zu empfinden. 25 Spieler inklusive drei Torhüter soll der Kader der Saison 2011/12 umfassen. Zieht man die sechs Abgänge ab und addiert die zehn Leihspieler, ergeben sich 34 Spieler.

Fast stündlich stehen in diesen Tagen deshalb Gespräche mit Beratern an. Das Poker mit Mladen Petric über eine vorzeitige Vertragsverlängerung über 2012 hinaus ist angelaufen, mehr aber auch nicht. Spieler wie Guy Demel oder auch Joris Mathijsen können den Klub verlassen, sofern sie einen Interessenten liefern, der bereit ist, die entsprechende Ablöse zu zahlen. "Bei einem Geschäft müssen alles zufrieden sein, der Spieler sowie beide Vereine", sagt Arnesen unmissverständlich. Derzeit lägen aber keine Angebote für HSV-Spieler vor. Auch bei Alex Silva wird versucht, eine Transferlösung zu finden. Für Romeo Castelen, dessen Vertrag ausläuft, könnte es dagegen eine Zukunft für ein weiteres Jahr geben, sofern dieser den Medizincheck besteht.

Arnesen erzählt launig, er neige eigentlich zum Chaos und müsse gerade deshalb sehr strukturell arbeiten, mit regelmäßigen Meetings und gezieltem Controlling. Dabei will er nichts überstürzen, sondern sich die Zeit nehmen, alle Menschen im HSV sowie deren Arbeit in Ruhe kennenzulernen, um dann nach einigen Monaten die richtigen Schlüsse zu ziehen, zum Beispiel im Nachwuchs oder Scouting. Genauso läuft die Kaderplanung. Dass bis zum Trainingsstart in 23 Tagen alle Transferbewegungen abgeschlossen sind, erscheint Arnesen selbst unrealistisch. Seine ersten freien Tage hat er erst Anfang September, nach dem Ende der Transferperiode, eingeplant. Zumal der neue starke Mann im Sportbereich nicht nur die kommende Saison im Auge hat: "Ich möchte einen Drei-Jahres-Plan erstellen", kündigte Arnesen den gezielten Aufbau von Talenten an.

In all diesen Dingen ist ihn der intensive Austausch mit Michael Oenning sehr wichtig. "Ich hoffe, wir werden einen guten und langen Weg in den kommenden Jahren zusammen gehen können", wünscht sich Arnesen Kontinuität auf dem Trainerposten. Von Zielsetzungen wie zum Beispiel eine Platzierung in der Liga hält er jedoch herzlich wenig. "Wir müssen die Basis legen, dass die Fans merken, dass wir jedes Spiel leben, das Team alles gibt und sie sich für unseren Fußball begeistern."

Arnesen, das wird deutlich in dem einstündigen Gespräch, ist alles andere als ein Hochstapler. Er warnt, man dürfe die Abgänge großer Spieler nicht unterschätzen. Wie den von Ruud van Nistelrooy, dessen Wechsel zum FC Malaga am Donnerstag als perfekt gemeldet wurde. Der 34-Jährige unterschrieb für ein Jahr plus Option bei den Südspaniern, die mit den Millionen von Klubbesitzer Scheich Abdullach al-Tahni noch weitere Top-Spieler verpflichten wollen. Nein, Arnesen scheint eher ein Realist zu sein, der Prozesse gestalten will, die Erfolg wahrscheinlicher machen, ohne die Emotionen zu vergessen.