Die HSV-Kontrolleure rechnen mit hohen Verbindlichkeiten. Zusammenarbeit des alten Vorstands mit einer Agentur soll überprüft werden.

Hamburg. Nicht alle Verantwortlichen des HSV konnten das traumhafte Wetter am gestrigen Sonntag nach dem erkämpften Punkt gegen den designierten Meister Dortmund restlos genießen. Zwei Tage vor der kurzfristig einberufenen Aufsichtsratssitzung, auf der morgen Abend der neue Vorstand mit den Kontrolleuren ab 19 Uhr in Klausur gehen will, glühten bereits am Wochenende die Telefondrähte unter den Räten. Besonders zwei Themen wurden vor der morgigen Sitzung im Stadionrestaurant Die Raute intensiv diskutiert: die Finanzen des HSV und ein kostspieliger Beratervertrag des alten Vorstands mit der Hamburger Kommunikationsagentur FischerAppelt.

Die aktuelle Bundesliga-Tabelle

Nachdem Carl Edgar Jarchow und Joachim Hilke die vergangenen Wochen zum intensiven Aktenstudium genutzt haben, wollen die gerade erst bestellten Vorstände Aufsichtsratschef Otto Rieckhoff und seinen Kollegen nun die ungeschönten Zahlen präsentieren. Und nach Abendblatt-Informationen sollen die Verbindlichkeiten, die der Verein in der kommenden Saison erwartet, weit über den bislang öffentlich gewordenen 14 Millionen Euro für noch ausstehende Transfer- und Beraterrechnungen liegen. Auch die vom alten Vorstand angestrebte schwarze Null, die im laufenden Geschäftsjahr erreicht werden sollte, gilt mittlerweile als völlig ausgeschlossen. Um das zu erwartende Millionenloch in Ansätzen zu stopfen, wurde bereits beschlossen, die kostspieligen Leihspieler Marcus Berg (PSV Eindhoven), David Rozehnal (OSC Lille) sowie Alex Silva (São Paulo) und auch aktuelle Leistungsträger zu verkaufen. Der Gehaltsetat soll von aktuell 47 Millionen Euro auf deutlich unter 40 Millionen Euro angepasst werden. Zudem wird hinter den Kulissen diskutiert, ob man die schwierige Finanzsituation, für die intern besonders Ex-HSV-Chef Bernd Hoffmann verantwortlich gemacht wird, öffentlich machen sollte. So wollen Vorstand und Aufsichtsrat am Dienstagabend beraten, ob man die finanzielle Schieflage am Mittwoch auf einer Pressekonferenz offen kommunizieren sollte.

Hoffmann und Kraus engagierten Hamburger Agentur FischerAppelt

Neben den zu erwartenden Millionen-Verbindlichkeiten, die auch auf der heutigen Sitzung des Finanzausschusses des Aufsichtsrates diskutiert werden, soll zudem ein Beratervertrag zwischen den Ex-Vorständen Hoffmann und Katja Kraus und der Hamburger Kommunikationsagentur FischerAppelt Gesprächsthema sein. So erhielt die Agentur, die für den HSV auch die Sponsoreninitiative "Hamburger Weg" betreut, in den Wochen rund um die brisante Mitgliederversammlung am 9. Januar, auf der vier Aufsichtsräte neu gewählt wurden, für "kommunikative Beratung von Vorständen" rund 100 000 Euro. Ungeklärt ist allerdings, was genau die Gegenleistung war. Fakt ist, dass Oliver Scheel, Vorstand für Mitgliederbelange, von seinen früheren Vorstandskollegen nicht über den Beratervertrag in Kenntnis gesetzt wurde. Ein klärendes Gespräch zwischen altem und neuen Vorstand hat noch nicht stattgefunden. Ex-Vorstand Kraus, die bis zu ihrer Vertragsauflösung für Kommunikation beim HSV zuständig war, sagte: "Es ist ein ganz normaler Vorgang. Wir haben in unterschiedlichen Bereichen mit unterschiedlichen Agenturen zusammengearbeitet. So auch in diesem Fall."